„Den Lebenden zur Mahnung, …“ nimmt das Wandbild an der Ecke Weißenburger Straße/Gronaustraße die Inschrift auf dem davor stehenden Gedenkstein1Die Inschrift auf dem Gedenkstein lautet: „Vom ehemaligen Ostbahnhof aus, dessen Gelände sich früher in unmittelbarer Nähe befand, wurden am 9. März 1943 Sinti und Roma aus Dortmund und Umgebung in das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Zum ehrenden Gedenken an die Ermordeten und den Lebenden zur Mahnung, stets rechtzeitig der Unmenschlichkeit entgegenzutreten.“ auf, der an die aus Dortmund in das Konzentrationslager Ausschwitz-Birkenau deportierten Sinti*ze und Rom*nja erinnert. Am 2. August, bei einer Gedenkveranstaltung zum Europäischen Holocaust-Gedenktag für die Hunderttausende ermordeten Sinti*ze und Rom*nja, wurde auch die Wandgestaltung der Künstlerin Anna Hauke eingeweiht. Wegen häufigem Regen war der Text da noch nicht fertiggestellt, aber mittlerweile ist er komplett.
Der Gedenktag ruft (stellvertretend für die diesem Genozid zum Opfer Gefallenen) die letzten ungefähr 4.300 noch im Konzentrations- und Vernichtungslager Ausschwitz-Birkenau lebenden Sinti*ze und Rom*nja in Erinnerung, die in der Nacht vom 2. August auf den 3. August 1944 trotz ihres Widerstands in die Gaskammern getrieben und ermordet wurden. Am 9. März 1943 waren (nach dem Auschwitz-Erlass von Dezember 1942) vom früheren Dortmunder Ostbahnhof aus ebenfalls Sinti*ze und Rom*nja aus Dortmund und Umgebung in das Zigeunerlager Birkenau verschleppt worden. Über die von hier Deportierten selbst, die Ermordeten und Überlebenden, ist (zu) wenig bekannt; sicherlich erklärt sich dies großenteils aus den in der Bundesrepublik nahtlos fortbestehenden Abwertungs-, Vertreibungs- und Diskriminierungspraxen.
Bereits vor den Ausschwitz-Deportationen 1943 war auch in Dortmund die Erfassung und sogenannte Festsetzung der Sinti*ze und Rom*nja vorangetrieben worden und in einigen Stadtteilen waren Zwangsunterkünfte eingerichtet worden, deren Verlassen nach dem Festsetzungserlass mit Konzentrationslager-Einweisung bedroht war.
Zeitweise waren Sinti*ze und Rom*nja – aufgrund der ihnen rassistisch zugeschriebenen Eigenschaften – mit anderen „abweichenden“ Gruppen (wie auch die Jenischen) als „Asoziale“ (die Zuschreibungen überschnitten sich, auch mit politisch Verfolgten) deportiert worden; andererseits waren mit ihnen lebende Nicht-Sinti*ze gleichfalls von Deportation bedroht. In einem Verfahren um Verfolgung und Wiedergutmachung argumentierte das Landgericht Dortmund 1951, die Ehefrau des Antragstellers sei keine Sintiza gewesen, sie „wurde also nicht wegen ihrer Rassezugehörigkeit ergriffen, sondern weil sie wie eine Zigeunerin … lebte“.2Zitiert nach Günther Högl (Hrsg.): Widerstand und Verfolgung in Dortmund 1933-1945. Katalog zur ständigen Ausstellung des Stadtarchivs Dortmund in der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache, Dortmund 2002, S. 441. (Das „wie“, im Original unterstrichen, ist hier fett dargestellt, um die Verwechslung mit einer Verlinkung zu vermeiden.) Eine Entschädigung (für den Verlust der Familie und der Existenz) wurde abgelehnt.
Bei der Verweigerung von Wiedergutmachung für Sinti*ze und Rom*nja wurden Maßnahmen oft nach 1945 weiterhin als „legitim“ ausgelegt, als wären Verfolgung und Emordung durch das der als Zigeuner konstruierten Bevölkerung3„Für den Großteil der Sinti und Roma handelt es bei dem Begriff um ein „Schimpf- und Schmähwort“, das direkt mit der Diskriminierung, Verfolgung und schließlich auch Ermordung von Angehörigen der Minderheit im Nationalsozialismus zusammenhängt: zwischen 1993 und 1945 entschied die Tatsache, wer in den Augen der Nationalsozialisten und ihrer Kollaborateure als »Zigeuner« zu gelten hatte, über Inhaftierung, Sterilisation und letztendlich auch über Leben und Tod. In diesem Sinne ist der Begriff nicht nur eine Fremdbezeichnung, sondern eine im Zuge der Umsetzung des Völkermords an Sinti und Roma … entscheidende Kategorie: eine Täterkategorie.“ Christian Gerhard Kelch: Dr. Hermann Arnold und seine »Zigeuner«. Zur Geschichte der „Grundlagenforschung“ gegen Sinti und Roma in Deutschland unter Berücksichtigung der Genese des Antiziganismusbegriffs (Dissertation), Universität Erlangen-Nürnberg, 2017, S.31, https://opus4.kobv.de/opus4-fau/files/14576/DissertationChristianGKelch2017_07_19.pdf. „eigene Wesen“ verursacht worden. Solche fortbestehenden Strukturen/Diskreditierungen produzierten Schweigen und (ebenso, wie oben gesagt) heutige gravierende Aufarbeitungslücken.
So umfasst zwar die Ausstellung „Widerstand und Verfolgung in Dortmund 1933-1945“ in der Gedenkstätte Steinwache einen Abschnitt über „Die nationalsozialistische Vernichtungspolitik gegenüber Sinti und Roma“, aber weitere biografische Quellen (ein Kapital zu Dortmund in einem Buch über Verfolgung im Rheinland und in Westfalen gibt lediglich dieselben Inhalte wieder) scheinen nicht vorhanden. In einem Bericht schildert dort Anna P., in Dortmund 1926 als Anna Schopper geboren, die durch ihre Weiterverschickung zur Zwangsarbeit in einer Munitionsfabrik den Nationalsozialismus überlebte, ihre Konzentrationslager-Verschleppung aus Dortmund4Zitiert nach Günther Högl (Hrsg.): Widerstand und Verfolgung in Dortmund 1933-1945. Katalog zur ständigen Ausstellung des Stadtarchivs Dortmund in der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache, Dortmund 2002, S. 440.:
Als 16jähriges Mädchen wurde ich mit meiner Mutter und 9 Geschwistern nach Auschwitz deportiert. … Wir waren in Viehwaggons zusammengepfercht und bekamen fast nichts zu essen und zu trinken. Wir erreichten Auschwitz am 14. März 1943. Kaum angekommen, mußten wir die wenigen Sachen, die wir hatten mitnehmen dürfen, sofort abgeben, auch Bekleidung und Schuhe hat man uns genommen. Wir wurden kahlgeschoren und tätowiert; ich erhielt die Nummer Z 2964. Die Unterkunft bestand aus Baracken ohne Fenster, es gab nur wenige Lüftungsschlitze. Waschmöglichkeiten waren kaum vorhanden …
Viele der ins Lager gezwungenen Sinti*ze und Rom*nja verloren ihr Leben durch Folter, schwerste Zwangsarbeit und die katastrophalen hygienischen Verhältnisse, wie auch Anna P. erzählt, sie verhungerten oder starben an Krankheiten wie Typhus. Etwa (die tatsächliche Gesamtzahl ist natürlich nicht zu ermitteln) 500.000 Sinti*ze und Rom*nja fielen in Europa nach Schätzungen dem – auch mit dem Romanes-Wort Porajmos (übersetzt das „Verschlingen“) bezeichneten – Holocaust zum Opfer. Eine Anerkennung dieses Genozids konnte erst ab den 1970er/1980er Jahren durch eine Bürgerrechtsbewegung der Sinti*ze und Rom*nja erkämpft werden. Zudem werden Angehörige der Opfergruppen (leider weiterhin) getrennt von einem Widerstand gegen den Nationalsozialismus betrachtet (was umso mehr gilt, wenn diese zusätzlich weiblich, homosexuell … waren), obwohl etwa vor dem Hintergrund ihrer sozialen Situation auch Sinti*ze und Rom*nja politisch engagiert und organisiert waren.
Es stünde, so ein Historiker, aufgrund von Zufallsfunden in der Rhein-Ruhr-Region „aus Kontexten anderer Fragestellungen“, die z. B. Zugehörigkeiten zur KPD, aber auch andere Zusammenhänge betrafen, in denen Verfolgte untertauchen konnten, „zu erwarten, dass eine gründliche Bearbeitung der Thematik eine Fülle weiterer Angaben erbringen“ werde.5Ulrich F. Opfermann: Zu Widerspruch und Widerstand aus der Roma-Minderheit gegen NS-Bewegung und NS-System in der Rhein-Ruhr-Region, Interkultur Ruhr/Notizen, 08.05.2020, https://interkultur.ruhr/notiz/zu-widerspruch-und-widerstand-aus-der-roma-minderheit-gegen-ns-bewegung. Belegt ist u. a. aus Berleburg (Kreis Siegen-Wittgenstein), dass dort bei Erfassung und Verfolgung die stigmatisierenden Zuschreibungen ebenfalls politisch gewendet wurden: „Mit dem Instinkt des Untermenschen“ hätten die Zigeuner „auch die Schwächen des vergangenen Staates“ erkannt und sich staatsgefährdend zum Kommunismus bekannt.6Zitiert nach VVN-BdA Siegerland-Wittgenstein (2018), Blog zu Widerspruch und Widerstand, Opposition gegen den Nationalsozialismus in den Altkreisen Siegen und Wittgenstein. Biografische Skizzen, Einträge zu Karl Janson, Emilie Schade und Paul Schade, http://widerspruchundwiderstandimnsinsiwi.blogsport.de/verzeichnis/biografische-skizzen/. Eine erhebliche Zahl von Bewohner*innen der Ortsteile Berleburgs, die abwertend als Zigeunerkolonien bezeichnet wurden, in denen Nachfahren von im 18./19. Jahrhundert zugewanderten Rom*nja, Jenischen und andere Angehörige der örtlichen Armutsbevölkerung lebten, wurde nach Auschwitz-Birkenau deportiert.
Allerdings ist das Verfahren am Landgericht Siegen 1948/1949 gegen die Berleburger Deportationsverantwortlichen bundesweit das einzige gegen lokale Verantwortliche, das überhaupt mit Verurteilungen endete. Schon im Januar 1946 hatten die Berleburger*innen Emilie Schade (die zeitweilig Vorsitzende der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) war) und August Andres, die beide Familienangehörige verloren hatten, unter Bezug auf das Gesetz Nr. 10 des Alliierten Kontrollrats gegen elf Berleburger Strafanzeige erstattet7VVN-BdA Siegerland-Wittgenstein (2018), Blog zu Widerspruch und Widerstand, Opposition gegen den Nationalsozialismus in den Altkreisen Siegen und Wittgenstein. Biografische Skizzen, Eintrag zu Emilie Schade, http://widerspruchundwiderstandimnsinsiwi.blogsport.de/verzeichnis/biografische-skizzen/., jedoch wurden (aus unbekannten Gründen) Ermittlungen erst eineinhalb Jahre später aufgenommen.
In dem in Siegen folgenden Prozess wurden unter anderem zwei Beamte der Kripostelle Dortmund verurteilt, weil der Auschwitz-Erlass von hier aus übermittelt wurde und beide an einer lokalen „Selektionskonferenz“ beteiligt waren, die über die zu Deportierenden entschied. (Dies legt eine regional übergreifende Funktion der Kripostelle Dortmund nahe, insbesondere des in dem Verfahren verurteilten Sachbearbeiters für Zigeunersachen Iking und des Erkennungsdienstleiters Volkhardt, aber es lässt sich nichts dazu finden, jedenfalls nicht in den Dortmunder Materialien.) Beide Beamte wurden jedoch vor Haftantritt amnestiert, um „hinter Jahre der Not, Sittenverwilderung und Rechtsverwirrung einen Schlussstein“ zu setzen, so die gerichtliche Begründung zu Ikings Amnestie. Auch sonst fielen die Konsequenzen sehr gimpflich aus.8Ulrich F. Opfermann: „Schlussstein hinter Jahre der Sittenverwilderung und Rechtsverwirrung“. Der Berleburger Zigeunerprozess, in: Antiziganismuskritik Heft 2/2010, S. 17 – 35, https://web.archive.org/web/20140831130038/http://www.antiziganismus.de/resources/2010_2_Antiziganismuskritik.pdf.
Das Konstrukt der Anderen, denen kulturell, sozial etc. negative „Eigenarten“ zugeschrieben werden, dient der Selbsterhöhung einer mehrheitsgesellschaftlichen Identität als „überlegene“, die eine Diskriminierung dieser Anderen (mit allen fürchterlichen Folgen) als quasi „natürlich“ rechtfertigt (es muss also, einfach gesagt, nichts mit tatsächlichen Personen zu tun haben, aber schafft ein Instrumentarium zur Ausgrenzung, zur eigenen Dominanz über sie). Antiziganistische (oder antiromaistische, wenn der zigan-Teil vermieden werden soll) Ressentiments sind weiterhin leicht zu reaktivieren – und Dortmund, und darüber hinaus Nordrhein-Westfalen, hat sich hier in vergangenen Jahrzehnten nicht mit Ruhm bekleckert.
1983 setzte der damalige NRW-Innenminister Schnoor bei der Dortmunder Polizei eine Sonderkommission „Tageswohnungseinbrüche“ ein, die sich mit Rom*nja-Familien aus Jugoslawien befasste und laut Romani Rose, dem Vorsitzenden des Zentralrats der Sinti und Roma, „gegen das Grundgesetz und die UN-Menschenrechtskonvention“ verstieß, da sie „auf Vorurteile in der Bevölkerung und bei Sozialbehörden, auf neue Sondergesetze gegen Sinti und Roma und auf eine offizielle Bundeszentrale beim BKA“ zielte. Vom Oberlandesgericht Hamm wurde schließlich festgestellt, dass die Beschuldigungen der Strafverfolgungsbehörden unhaltbar waren. Dennoch wurden die Familien trotz Zentralratsintervention abgeschoben, so dass eine rechtsstaatliche Aufklärung nie erfolgte.9Daniel Strauß: „da muß man wahrhaft alle Humanität ausschalten…“. Zur Nachkriegsgeschichte der Sinti und Roma in Deutschland, in: „Zwischen Romantisierung und Rassismus“. Sinti und Roma, LpB, 1998, https://www.lpb-bw.de/publikationen/sinti/sinti7.htm; Forschungsgruppe BiBeLL: Historisches Fenster Oktober 2015 5. Oktober 1988: Podiumsdiskussion zum Thema Polizei und Sinti und Roma an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW, HSPV NRW, 20.11.2015, https://www.hspv.nrw.de/nachrichten/artikel/historisches-fenster-oktober-2015.
Ausgegrenzt, kriminalisiert und (zum Teil) vertrieben wurden Anfang der 2010er Jahre Zuwanderer*innen aus Bulgarien und Rumänien in Dortmund, die unter Transfer sämtlicher Klischees allgemein (und unabhängig von Selbstbezeichnungen) als den Roma zugehörig angesehen wurden, durch eine von Polizei, Verwaltung und Medien getragene Kampagne. Bedrohungsbilder wurden entworfen, Häuser, in denen sie wohnten, als „Horrorhäuser“ bezeichnet, und den sexarbeitenden Frauen* (als weibliche Migrations- und Überlebensstrategie) letztlich ihre Existenzgrundlage entzogen (Beiträge über die Schließung des Dortmunder Straßenstrichs auf diesem Blog unter anderen hier, hier und hier).
Die gesetzliche Einstufung der südosteuropäischen Länder Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien und Serbien (2014) und Albanien, Montenegro und Kosovo (2015) als „sichere Herkunftsstaaten“, d. h. als Länder ohne Verfolgung, in deren Folge auch in Nordrhein-Westfalen spezielle Lager für „Balkanflüchtlinge“ mit Asylschnellverfahren eingerichtet wurden, verhindert weiterhin die Anerkennung von Rom*nja, die dort Diskriminierung und gewalttätige Übergriffe erleben, im Asylprozess.10]Siehe unter anderem: ZAB schließen statt abschieben! Aufruf zur Demonstration in Bielefeld am 02.04.2016, https://alle-bleiben.info/5234-2/; Albert Scherr: Asylpolitik: Bosnien-Herzegowina kein sicherer Herkunftsstaat, Mediendienst Integration, 02.09.2015, https://mediendienst-integration.de/artikel/gastkommentar-albert-scherr-bosnien-herzegowina-kein-sicherer-herkunftsstaat-roma-diskriminiert.html; Pro Asyl: Harter Winter für Balkanflüchtlinge: Massenabschiebungen bei Nacht & Nebel, News, 18.12.2015, https://www.proasyl.de/news/harter-winter-fuer-balkanfluechtlinge-massenabschiebungen-bei-nacht-nebel/. Gerade solche „sicheren“ Länder haben übrigens die höchsten Frauen*-Anteile (und angesichts der Verhältnisse, wahrscheinlich auch hohe LGBTI+-Anteile) unter den Flüchtenden.
Selbst wenn sich in Dortmund seitdem der Umgang(ston) wieder geändert hat, wohl größtenteils in der Erkenntnis, dass sich viele der Diskriminierten und Stigmatisierten (dennoch) dauerhaft niederlassen, bleiben die Ressentiments, auch mit ihrer Möglichkeit, in Hass und Gewalt umzuschlagen, für Sinti*ze und Rom*nja gefährlich. Für die Erinnerung an die Ermordeten und die Überlebenden, die nach 1945 weiterhin keine Gerechtigkeit erfahren haben, gilt also: say their names (für mehrere Orte in der Umgebung sind, wenn auch unvollständige, Gedenklisten für die (bekannten) Opfer eingerichtet11Siehe z. B. Gedenklisten/Gedenkbücher für Gelsenkirchen, Herne/Wanne-Eickel, Kreis Siegen-Wittgenstein, Recklinghausen, Wuppertal., in Dortmund ist wenig und online überhaupt nichts vorhanden), damit sie nicht vergessen werden, wie es auf dem Gedenkstein an der Ecke Weißenburger Straße/Gronaustraße steht, den Lebenden zur Mahnung, stets rechtzeitig der Unmenschlichkeit entgegenzutreten.
Weil doch immer mal was fehlt oder gerade vergessen wird (hier was NRW in vergangenen Jahrzehnten betrifft):
Mit einem Marsch in Nordrhein-Westfalen 1990 und einem Zeltlager in Düsseldorf in Landtagsnähe 1991 protestierten Hunderte aus Jugoslawien geflüchteter Rom*nja damals gegen die Flüchtlingspolitik, ihren unsicheren Aufenthalt und drohende Abschiebungen. Monatelang, Ende Juni bis Ende Dezember, harrten sie für die Landesregierung unübersehbar in ihrem Protestcamp aus, eine hartnäckige lange Demonstration (die Stadt Düsseldorf wollte zwischendurch das Camp räumen lassen, aber das Oberverwaltungsgericht Münster entschied, es handele sich um eine politische Versammlung). War anfangs in der NRW-Politik noch von Bleiberecht die Rede, erfand die Landesregierung schließlich die „neue Flüchtlingspolitik“, das hieß „Rückführung“ mit NRW-Starthilfe nach Mazedonien (jetzt Nordmazedonien) in ein bitterarmes Skopje-Stadtviertel mit hauptsächlich (perspektivloser) Rom*nja-Bevölkerung. Die Teilnahme an dem „Pilotprojekt“ in einkalkuliertem Elend und Diskriminierung war nicht freiwillig; andernfalls wurde abgeschoben.