Der Flüchtlingsrat Nordrhein-Westfalen hat zum diesjährigen feministischen Kampftag eine Pressemitteilung zur Situation geflüchteter Frauen* herausgegeben:
„Knapp 94.000 Frauen und Mädchen haben in Deutschland 2023 einen Asylerstantrag gestellt. Insbesondere im Krieg und in stark autoritär und patriarchal geprägten Verhältnissen müssen Frauen Zwangsverheiratung, Misshandlungen, Vergewaltigungen, Genitalverstümmelung/-beschneidung und andere Grausamkeiten fürchten.
Die seit 2018 geltende Istanbul-Konvention verpflichtet die unterzeichnenden Staaten u. a. zu geschlechtssensiblen Aufnahme- und Asylverfahren. Sie bekräftigt für gewaltbetroffene Frauen die Gewährung internationalen Flüchtlingsschutzes. Im deutschen Asylverfahren werden jedoch bis heute geflüchtete Frauen mit Gewalterfahrung nicht systematisch identifiziert. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat im Jahr 2023 nur bei 4.800 Frauen und Mädchen eine geschlechtsspezifische Verfolgung festgestellt. Birgit Naujoks, Geschäftsführerin des Flüchtlingsrats NRW, fordert: ‚Der EuGH hat am 16.01.2024 entschieden, dass Frauen eines Herkunftslandes je nach den dort herrschenden Verhältnissen auch als ‚bestimmte soziale Gruppe‘ im Sinne der EU-Anerkennungsrichtlinie gelten können. Dieses Urteil muss nun umgesetzt werden und damit zu einer Änderung dieser Entscheidungspraxis führen!‘
Außerdem gibt es beim Gewaltschutz sowie beim Zugang zu Beratungs- und Hilfsangeboten im Aufnahmesystem schwere Defizite. In Nordrhein-Westfalen wird insbesondere in den vielerorts existierenden Notunterkünften des Landes das Landesgewaltschutzkonzept (LGSK) nur unzureichend umgesetzt. So mangelt es an (abschließbaren) Rückzugsräumen, die Bereiche für Frauen und alleinreisende Männer sind nicht angemessen abgetrennt, das Einrichtungspersonal ist nicht für geschlechtsspezifische Vulnerabilität sensibilisiert und es fehlen Beratungs- und Beschwerdestellen.
Birgit Naujoks mahnt: ‚Die im Koalitionsvertrag von CDU und Grünen versprochene Weiterentwicklung und Umsetzung des LGSK muss endlich eingelöst werden!‘ Die jüngsten sozialrechtlichen Verschärfungen treffen schutzsuchende Frauen mit besonderer Härte. Die Ausweitung des Bezugszeitraums der Grundleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) ermöglicht den oftmals gewaltbetroffenen Frauen erst nach drei langen Jahren einen Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung. Diskriminierende Bezahlkarten führen darüber hinaus z. B. bei einem notwendigen Umzug in ein Schutzhaus zu schwerwiegenden Einschränkungen.
Birgit Naujoks: ‚Infolge der Beschlüsse auf dem Migrationsgipfel am 06.03., die auch NRW mitgetragen hat, drohen weitere soziale Restriktionen. Das Land muss dafür Sorge tragen, die sich unter anderem aus der Aufnahmerichtlinie ergebenden Verpflichtungen zum Schutz vulnerabler Gruppen, zu denen geflüchtete Frauen oft gehören, durch entsprechende Maßnahmen umzusetzen und die Betroffenen nicht weiter in ihren Rechten zu beschränken!‘“
Und am besten sollten wir natürlich fordern: Die diskriminierenden Gesetze und Beschlüsse müssen weg! Alle FLINTA* müssen geschützt werden und in angemessenen Wohnungen leben können!