Ägypten in schlechter Verfassung

Diesen und nächsten Samstag soll in Ägypten über den 234 Artikel langen Verfassungsentwurf abgestimmt werden. Weil sich viele der Richter weigerten, die das Referendum flächendeckend überwachen sollen, wird es in zwei Phasen abgehalten werden. Die feministische Gruppe Baheya Ya Masr ruft dazu auf, als Zeichen eines Neins zu dem Entwurf bei der Stimmabgabe Rot zu tragen. Sie erklärte, der Verfassungsentwurf enthalte „mehrere ‚Zeitbomben’ für Frauen und Kinder“, meldete die Zeitung Bikya Masr.

Zwar waren die Prinzipien der Scharia schon in der letzten Verfassung als Hauptquelle des Rechts festgeschrieben. Neu ist allerdings, dass die Gelehrten der al-Azhar-Universität – als höchste Instanz des sunnitischen Islams – bei Fragen des islamischen Rechts konsultiert werden sollen. Ein weiterer kritisierter Artikel sieht vor, dass Staat und Gesellschaft darauf hinarbeiten sollen, „die genuine Natur der ägyptischen Familie und ihre moralischen Werte zu wahren“. Manal al-Taibi, eine der wenigen Frauen*, die Mitglied der 100-köpfigen verfassungsgebenden Versammlung waren, hat (wie eine Reihe anderer Mitglieder aus verschiedenen Gründen) bereits vor einiger Zeit ihr Mandat aufgegeben. Sie sagte, die Forderung nach der Senkung des Heiratsalters auf 14 Jahre – das nun nicht mehr wie vorher in der Verfassung festgelegt ist – sei Förderung von Kinderehen und ähnle einer Vergewaltigung. „Ägypten in schlechter Verfassung“ weiterlesen

Sprachprüfung endlich vor der Abschaffung?

Seit September 2007 müssen nachziehende Ehegatt_innen aus den meisten Nicht-EU-Ländern deutsche Sprachkenntnisse nachweisen, bevor sie zu ihren Partner_innen ziehen können. Damals wurde – mittlerweile beinahe die Regel, wenn Möglichkeiten eingeschränkt werden sollen – mit den „Frauenrechten“ (hier mit der drohenden Zwangsverheiratung) der ‚nicht abstammungsdeutschen’ anderen Frau argumentiert.

Noch Mitte letzten Jahres hatte die Bundesregierung entgegen einer Stellungnahme der Europäischen Kommission behauptet, die Sprachprüfung vor der Einreise sei mit der europäischen Richtlinie zur Familienzusammenführung und damit mit Europarecht vereinbar. Anschließenden Zweifeln des Bundesverwaltungsgerichts war das Auswärtige Amt zuvorgekommen, indem es einer Frau aus Kamerun als Klägerin in einem entsprechenden Verfahren und ihren Kindern ohne Sprachnachweis Visa erteilte. Dem Gericht blieb damit nur die Kostenentscheidung. In dem Beschluss von Ende Oktober 2011 hielt das Bundesverwaltungsgericht dennoch fest, dass die Frage der Vereinbarkeit „dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Klärung hätte vorgelegt werden müssen“. „Sprachprüfung endlich vor der Abschaffung?“ weiterlesen

Shamsia Hassani, Afghanistan

Shamsia Hassani studierte an der Universität Kabul Kunst. Bei einem Graffiti-Workshop des britischen Künstlers Chu entdeckte sie Ende 2010 ihre Begeisterung für Graffiti.

Shamsia Hassani

Frauen in leuchtend blauen Burkas spielen eine zentrale Rolle in ihren Bildern. Nicht die Burka sei – wie im Westen wahrgenommen – das größte Problem der Afghaninnen, sagt sie, sondern fehlende Bildung. Die Burka bedeute zwar oft Unterdrückung, manchmal aber auch Freiheit. Im Schutz der Burka könnten sich Frauen heute ihren Platz in der Gesellschaft erkämpfen (mehr über Shamsia Hassani *hier*   oder *hier*  ). „Shamsia Hassani, Afghanistan“ weiterlesen

Togo: Frauen protestieren in Rot

Mehrere tausend in Rot gekleidete Frauen* demonstrierten am Donnerstag in Lomé, Togos Hauptstadt, und riefen Slogans gegen die Regierung. Bereits Ende August hatten Frauen der Oppositionsbewegung Collectif Sauvons le Togo (CST), einem Bündnis aus zivilgesellschaftlichen Organisationen und Oppositionsparteien, zu einem einwöchigen Sexstreik aufgerufen. Der Streik sollte die Männer dazu bewegen, sich für den Rücktritt von Präsident Faure Gnassingbé einzusetzen. „Togo: Frauen protestieren in Rot“ weiterlesen

„Wenn du etwas tun willst, tu es“

Der folgende Ausschnitt ist einem Artikel über jemenitische Frauen in der Neuen Zürcher Zeitung (08. August 2012) entnommen.

Jemenitinnen haben sich aufgemacht, das Gesicht ihres Landes nachhaltig zu verändern. Sie prangern gesellschaftliche Tabus an und fordern politisches Mitspracherecht. Ob sich ihr Einsatz in politische Mitsprache ummünzen lässt, bleibt ungewiss.

Helene Aecherli, Sanaa
Die Frauen kommen zu zweit oder in kleinen Gruppen, drängen sich eilig durch das blecherne Tor, das jedes Mal krachend hinter ihnen ins Schloss fällt. Sie huschen den schmalen Gang zum Haus hoch, manche nehmen ihren Schleier vom Gesicht, als wäre er ein Visier, andere warten damit, bis sie die schützenden Mauern erreicht haben. Es ist 16 Uhr, die Zeit nach dem Abwasch und dem Nachmittagsgebet, die Zeit, zu der Männer in Sanaa beim Katkauen sind und Frauen Nachbarinnen oder weibliche Familienmitglieder besuchen. Shymaa, die Herrin des Hauses, hat heute zu Ehren ihrer Freundin aus der Schweiz zu einer Frauenrunde eingeladen. Stolz weist sie ihre Gäste in den Maglis, den Salon. Ihre beiden älteren Töchter bringen Kaffee und Kuchen, die Luft ist von Parfum und Weihrauch erfüllt.

Gesprächsstoff
Die Stimmen schwirren erst schüchtern, dann immer lauter und aufgeregter durch den Raum. Die Rede ist von einer Bekannten, die vor wenigen Tagen in einen Schusswechsel geraten ist. Sie war mit ihrem Bruder abends unterwegs gewesen, als ihn herumlungernde Soldaten zum Anhalten zwangen. Sie wollten den Wagen. Als der Bruder Gas gab, schossen sie der jungen Frau in den Kopf. Ob sie überlebt, ist ungewiss. «Wenn ich so etwas höre, würde ich am liebsten weinen vor Wut», zischt Rofeida, eine 18-jährige Schülerin, die neben mir auf dem hellen Sitzkissen kauert. «Ich glaube, solche Attacken werden absichtlich verübt, um uns Frauen in Schranken zu halten.» Trotzig presst sie ihre Lippen zusammen. Sie werde sich jedoch nicht beeindrucken lassen, sagt sie. Im Gegenteil, sie plane, eine Schule zu eröffnen, eine Art Akademie für Talente, an der Jugendliche, Mädchen wie Burschen, ihre künstlerischen Begabungen weiterentwickeln können. Damit wolle sie beweisen, dass die Zusammenarbeit zwischen den beiden Geschlechtern nichts Schlechtes, sondern für die Gesellschaft notwendig sei, um vorwärtszukommen. Erst hatte sie Angst davor, jemandem von ihren Plänen zu erzählen. Was würde man bloss von ihr denken, fragte sie sich. Darf ein Mädchen überhaupt so etwas tun? «Aber die Revolution hat mir eines gezeigt: Alles ist möglich. Wenn du etwas tun willst, tu es.» „„Wenn du etwas tun willst, tu es““ weiterlesen