#RotlichtAn

Während in Österreich und den Niederlanden seit Anfang Juli Prostitutionsbetriebe wieder öffnen dürfen und in der Schweiz und Belgien Sexarbeit bereits seit Anfang/Mitte Juni wieder legal ist, bleiben die Arbeitsstätten hier weiterhin geschlossen. Nach lautstarken Protesten dagegen in Berlin und Hamburg wollen nun diesen Mittwoch auch in Köln Sexarbeiter*innen ein Ende des anhaltenden Arbeitsverbots fordern.

RotlichtAn

Bereits vor über einem Monat – zum internationalen Hurentag am 02. Juni – hatte der Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen (BeSD), unter anderem gemeinsam mit Fachberatungsstellen, die Kampagne RotlichtAn gestartet (hier auf Twitter), denn seit Mitte März ist das Rotlicht aufgrund der Coronaverordnungen aus. Das hat ökonomische und soziale Folgen für Sexarbeiter*innen, die mittlerweile einige dazu gebracht haben, ihre Arbeit illegalisiert wieder aufzunehmen. Sie müssen schließlich überleben.

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Chile: Wir haben keine Ministerin

Gemeinsam mit dem chilenischen Kollektiv LasTesis, das durch seine Performance Un violador en tu camino (Ein Vergewaltiger auf deinem Weg) weltweit bekannt geworden ist, hat die russische Punkrockband Pussy Riot am Wochenende ein Manifest gegen Polizeigewalt und Repression veröffentlicht. Die gemeinschaftliche Erklärung lässt sich hier nachlesen und anhören der Teil von Pussy Riot wird in Mexiko gelesen und Pussy Riot hat dazu ebenfalls ein Musikvideo gepostet. Es geht um die Verschärfung staatlicher Brutalität und Repression, die intensivierte Verfolgung sozialer Kämpfe im Schatten der Covid-19-Pandemie und den dennoch stattfindenden Widerstand in lateinamerikanischen Ländern wie Chile, wo „das Virus für die Regierung von Sebastián Piñera wie gerufen kam“1Wie die Zeitschrift ila in ihrer aktuellen Ausgabe mit Schwerpunkt Chile feststellt: Editorial, ila – Zeitschrift der Informationsstelle Lateinamerika, Ausgabe Nr. 435 (Chile), Mai 2020, http://www.ila-web.de/ausgaben/435.. Die vorhergehenden Massenproteste sind dadurch momentan unterbrochen.

Mitte Oktober letzten Jahres hatte in Chile eine geplante Fahrpreiserhöhung für das U-Bahn-Netz der Hauptstadt Santiago Demonstrationen ausgelöst, die sich bald auf das gesamte Land ausgeweitet hatten. Die daraus enstandene Bewegung hatte sich wesentlich gegen die brutale soziale Schere zwischen Arm und Reich und das neoliberale Wirtschaftsmodell gerichtet, das in der chilenischen Verfassung verankert ist, die noch aus der Zeit der Pinochet-Diktatur (1973  – 1990) stammt. Freitag für Freitag hatten in Chiles Städten Hunderttausende gegen Ungleichheit, Armut und Korruption protestiert – gegen das Rentensystem, die für viele untragbaren Kosten für Bildung und Gesundheitversorgung, die Strompreise. Unter anderem mit der Ankündigung eines Referendums über eine neue Verfassung, das eigentlich im April hätte stattfinden sollen (und nun auf Oktober verschoben ist), hatte die konservative Regierung Piñera die aufgebrachte Bevölkerung wieder besänftigen wollen. Die Zugeständnisse konnten die Wut der Protestierenden allerdings nicht mehr bremsen und die Demonstrationen hielten monatelang an.2Unter anderem: Nicole Anliker: Die Chilenen sind wütend – sie wollen einen Systemwechsel, egal, wie hoch der Preis dafür ist, Neue Zürcher Zeitung, 01.12.2019, https://www.nzz.ch/international/chile-anhaltende-proteste-zeugen-von-wut-der-bevoelkerung-ld.1525485. Über 30 Menschen sind seit Beginn der Massenproteste getötet und Tausende verletzt und festgenommen worden. Das chilenische Institut für Menschenrechte (INDH) zählte in einem Bericht am 18. März „bereits mehr als 200 Fälle sexualisierter Gewalt durch Angehörige der Sicherheitsbehörden“3Susanne Brust: Historisch, aber nicht vorbei, Lateinamerika Nachrichten Nummer 550, April 2020, https://lateinamerika-nachrichten.de/artikel/historisch-aber-nicht-vorbei/. seit Mitte Oktober 2019.

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Textilindustrie: Näherinnen* unentlohnt

Als eine der ersten Handelsketten hatte das Unternehmen Adidas mitgeteilt, dass es die Miete für seine Ladengeschäfte momentan nicht mehr zahlen wird. Nach Protesten hatte der Sportartikel-Gigant Ende März dann erklärt, er wolle die Miete doch nur stunden und werde zumindest Privatvermieter*innen weiter bezahlen.1Michael Bauchmüller, Thomas Fromm, Uwe Ritzer: Corona-Krise. Mietfrei im Schuhladen, Süddeutsche Zeitung, 29.03.2020, https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/corona-adidas-deichmann-miete-1.4860662. Längst sind dem fränkischen Sportartikelhersteller weitere Großunternehmen gefolgt, die ebenfalls keine Mieten mehr überweisen – wie Deichmann, H&M, C&A oder KiK und Tedi.2Unter anderem: Martin Mehringer, Christoph Neßhöver, Ursula Schwarzer: Immobilienbesitzern droht Kollaps. Handel, Hotels, Restaurants – niemand zahlt mehr Miete, manager magazin, 28.03.2020, https://www.manager-magazin.de/politik/artikel/corona-krise-handel-hotels-restaurants-niemand-zahlt-mehr-miete-a-1305795.html; Michael Westerhoff: Corona: KiK, Tedi und Woolworth wollen keine Miete mehr zahlen, WDR, 07.04.2020, https://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/corona-keine-miete-kik-tedi-woolworth-dortmund-100.html. Mit der Entscheidung der Schuh- und Modeketten, die Ladenmieten nicht zu zahlen, nehmen die Konzerne eine neu geschaffene Möglichkeit in Anspruch, die eigentlich die Kündigung privater Wohnungsmieter*innen oder kleiner Ladeninhaber*innen verhindern sollte, wenn diese durch die Corona-Folgen in Existenznot geraten. Ein Widerspruch durch die Vermieter*innen nützt da auch nichts, wie sich in Ingolstadt bei einem angekündigten – letztlich sechsmonatigen – Zahlungsstopp von C&A herausstellte.3Bianca Hofmann: „Das werden wir uns nicht gefallen lassen“, Donaukurier, 08.04.2020, https://www.donaukurier.de/nachrichten/wirtschaft/Das-werden-wir-uns-nicht-gefallen-lassen;art154664,4547102.

Mit noch größerer Härte werden die Sparmaßnahmen der Textilkonzerne jedoch Beschäftigte in südostasiatischen Ländern treffen, die bei den Zulieferfirmen dieser globalen Giganten arbeiten bzw. nun wohl häufiger gearbeitet haben: Viele Aufträge sind einfach storniert worden. Ende März meldete die New York Times, dass viele Arbeiter*innen in Bangladesch, „hauptsächlich Frauen aus ländlichen Gebieten, bereits ohne geschuldete Löhne oder eine Abfindung nach Hause geschickt“ worden seien. Einer Untersuchung des Center for Global Workers‘ Rights der Pennsylvania State University zufolge, auf die die Times verweist, „weigerten sich fast alle westlichen Käufer, zu den Löhnen beizutragen, und 70 % der beurlaubten Arbeiter*innen waren ohne Bezahlung nach Hause geschickt worden.“4Elizabeth Paton: ‘Our Situation is Apocalyptic’: Bangladesh Garment Workers Face Ruin, New York Times, 31. März 2020, https://www.nytimes.com/2020/03/31/fashion/coronavirus-bangladesh.html. Berichtet wird in der Studie über mehr als eine Million Betroffene in Bangladesch, die entlassen wurden oder Zwangsurlaub haben. 5Mark Anner in Association with the Workers’ Rights Consortium: Abandoned? The Impact of Covid-19 on Workers and Businesses at the Bottom of Global Garment Supply Chains, CGWR, 27. März 2020, https://ler.la.psu.edu/gwr/Abandoned_CGWRWRCApril12020.pdf.

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[EU-Außengrenzen] Was tun?

Das Antirassistische Netzwerk Sachsen-Anhalt hat einen Blogbeitrag [EU-Aussengrenzen] Was tun aus der Ferne? veröffentlicht, in dem Organisationen auf Lesbos, Spendenmöglichkeiten, Statements etc. verlinkt sind, und der hier anschließend mit einigen Ergänzungen repostet ist. Besonders in Zeiten öffentlicher Zurückhaltung – Veranstaltungen wird es in nächster Zeit kaum geben und die Stadt Dortmund droht bereits mit rechtlichen Schritten gegen Demonstrationen, als wären die Veranstalter*innen urteilsunfähig – sind andere Optionen eine gute Idee. Trotzdem sind weitere Proteste notwendig! Sieben EU-Staaten wollen nun Griechenland insgesamt 1.600 unbegleitete minderjährige und andere Geflüchtete abnehmen.1Grenze: Frontex rollt in Griechenland noch mehr Stacheldraht aus (afp), Frankfurter Rundschau, 12.03.2020, https://www.fr.de/politik/frontex-rollt-griechenland-noch-mehr-stacheldraht-ausorganisationen-fordern-neuausrichtung-13596304.html. Das ist völlig lächerlich! Die flüchtenden Menschen müssen endlich raus aus diesen Lagern auf den griechischen Inseln, in denen Frauen*, LGBTI+, und Kinder zweifellos sexualisierte Gewalt erleben, und auch runter von dem Kriegsschiff, auf dem sie jetzt festgehalten werden!

Hier nun der (ergänzte) Blogbeitrag:

Spenden
Wo kann man mit Spenden unterstützen? Wohin spenden, angesichts an der ganzen Situation an der griechisch-türkischen Grenze und auf Lesbos?
Hier drei Empfehlungen für sehr direkten support, selbstorganisiert, sinnvoll und nahe dran:
[1] https://legalcentrelesvos.org/
[2] https://enoughisenough14.org/2020/03/07/cars-of-hope-goes-to-greece-again-to-support-refugeesgr-we-need-your-support/
[3] http://antiranetlsa.blogsport.de/2020/01/22/balkanroute-direct-refugee-support/

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Wegen Papierfliegern vor Gericht

Bereits im Sommer 2018 fand in Nürnberg an der Zentrale des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) eine Kundgebung statt, die in Zusammenhang mit einer Bustour der Gruppe Women in Exile & Friends von einer Aktivistin* des 8. März Bündnisses Nürnberg angemeldet worden war. Die Anmelderin* dieser Kundgebung stand nun letzten Freitag vor Gericht, weil sie den beteiligten geflüchteten Frauen* und Kindern nicht verboten hatte, Forderungen auf Papierfliegern an das Bundesamt zu richten. Die aus Papier, hauptsächlich im Din-A4-Format, gefalteten Flugzeuge hatten politische Forderungen wie „Stop deportation“, „Wir fordern gleiche Rechte“, „Lager abschaffen – Wohnraum für alle“ oder Kinderwünsche wie „Ich will ein eigenes Kinderzimmer und Lego zum Spielen“ über den Zaun getragen. Es sollen 50 Flieger gewesen sein.1Siehe unter anderem: PM „Women breaking borders“: Gerichtsprozess wegen Papierflieger über Zaun des BAMF, https://www.women-in-exile.net/pm-women-breaking-borders-gerichtsprozess-wegen-papierflieger-ueber-zaun-des-bamf/.

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Aufbruch im Sudan

Zum ersten Mal in Sudans Geschichte wurde vor einigen Tagen mit Neemat Abdullah Khair eine Frau zur Obersten Richterin und Präsidentin des Obersten Gerichtshofs im Sudan ernannt. Mit der Mitte August nach monatelangen Protesten vom Militärrat und von den Forces of Freedom and Change (FFC) verabschiedeten Verfassungserklärung war schließlich doch ein Wechsel eingeleitet worden. Unter anderem wurden in dieser Verfassungserklärung1Eine englische Version der Verfassungserklärung findet sich hier: http://sudanreeves.org/2019/08/06/sudan-draft-constitutional-charter-for-the-2019-transitional-period/. die Rechte der Bürger*innen Sudans festgehalten: Neben einem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz, Meinungs- und Versammlungsfreiheit werden dort Frauenrechte garantiert. Die Gesetze, die Frauen* in vielen Lebensbereichen diskriminieren und einschränken, sind aber noch nicht aufgehoben.

Nach dem Blutbad im Sudan Anfang Juni, bei dem über 120 Demonstrierende ermordet und mindestens 70 Personen vergewaltigt worden waren, schien die Möglichkeit einer Einigung der Opposition mit dem herrschenden Militär weit weg. Mittlerweile ist sie jedoch zustande gekommen. In der Folge wurde noch Ende August der Souveräne Rat vereidigt, der den zuvor regierenden Militärrat als höchstes Gremium abgelöst hat. Der aus Militärs und Zivilist*innen bestehende Rat, in dem zwei Mitglieder weiblich sind, soll eine ungefähr dreijährige Übergangsphase leiten. Unter den 20 Kabinettsangehörigen der nun ebenfalls bestehenden Übergangsregierung, die dann im September (bzw. die letzten beiden erst im Oktober) ihre Ämter erhielten, befinden sich vier Ministerinnen, darunter mit Asma Mohamed Abdallah die erste Außenministerin des Landes. „Aufbruch im Sudan“ weiterlesen