4. April: Erinnern an die Opfer des „NSU“

Am 4. April 2006 wurde Mehmet Kubaşik, Kioskbesitzer in der Dortmunder Nordstadt, von den Neonazi-Killern „Nationalsozialistischer Untergrund“ in seinem Geschäft erschossen. Dieser Mord jährt sich in diesem Jahr zum zehnten Mal und am 4. April beginnt an der Mallinckrodtstraße 190 um 17.30 Uhr eine Demonstration mit folgender Kundgebung zum Gedenken an die Opfer des NSU-Terrors.

Seit über einem Jahr gibt es im Landtag Nordrhein-Westfalens einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum „Nationalsozialistischen Untergrund“. Am 13. Januar dieses Jahres begann der NRW-Untersuchungsausschuss, sich mit dem Mord in Dortmund zu beschäftigen. Elif und Gamze Kubaşik, die Ehefrau und die Tochter von Mehmet Kubaşik, schilderten an dem Tag den Ausschussmitgliedern die Verdächtigungen und pauschalisierenden Zuschreibungen, die den Getöteten und sie selbst über Jahre zu Täter_innen machten und stigmatisierten. Man habe ihnen jahrelang das Leben genommen, sagte Gamze Kubaşik, – das sei Polizei gewesen (Berichte über die Ausschusssitzung finden sich hier oder hier oder hier). „4. April: Erinnern an die Opfer des „NSU““ weiterlesen

(Lesenswerteres zu) Köln – oder: wie sexualisierte Gewalt zur Förderung von Rassismus instrumentalisiert wird

Die sexualisierte Gewalt in der Silvesternacht in Köln vor dem Hauptbahnhof macht momentan bei dem Thema für Feministinnen* recht ungewohnte Schlagzeilen. Das liegt wohl daran, dass jetzt wieder „gewaltlegitimierende Männlichkeitsnormen in muslimischer Kultur“ ausgemacht werden können (und Biodeutsche anscheinend nicht sexualisiert gewalttätig werden).

Hier folgen nun Links zu mehreren lesbaren Kommentaren zur Medienaufregung und Hetze im Netz:

Die Rape Culture wurde nicht nach Deutschland importiert – sie war schon immer da. Stefanie Lohaus und Anne Wizorek erklären auf Vice: „Ein in Sachen sexualisierter Gewalt halbwegs sensibilisierter Mensch kann sich dieser Tage nur verwundert die Augen reiben—wenn er nicht schon vor Wut schäumt. Die Gewalt am Kölner Hauptbahnhof als singuläres Ereignis darzustellen, als Ausnahme, die von außen über das „gute Deutschland“ hereingebrochen ist, schadet von Gewalt Betroffenen mindestens so sehr wie die Verwendung des Begriffs „Antanzen“ für die Art der Übergriffe.“ „(Lesenswerteres zu) Köln – oder: wie sexualisierte Gewalt zur Förderung von Rassismus instrumentalisiert wird“ weiterlesen

Online-Petition: keine Lager für Frauen!

Die Selbstorganisation geflüchteter Frauen Women in Exile hat eine Online-Petition initiiert:

Women in Exile & Friends

In den letzten Monaten haben wir viel Aggression und manchmal sogar Gewalt von Rechtsradikalen gegen Unterkünfte für Flüchtlinge gesehen und wir haben auch gesehen, dass viele Linke und MenschenrechtsaktivistInnen und viele andere Teile der Zivilgesellschaft aktiv waren, um Unterkünfte für Flüchtlinge zu verteidigen und ihre Solidarität mit Flüchtlingen auszudrücken.
Wenn Flüchtlinge in Sammelunterkünften leben müssen, sind sie immer Gewalt ausgesetzt. Denn das bedeutet eine Trennung von anderen Teilen der Gesellschaft und macht Flüchtlinge verwundbar.
Dies ist einer der Gründe, warum wir und viele andere FlüchtlingsaktivistInnen seit vielen Jahren sagen: Kein Lager ! Wir wollen wie alle anderen in Wohnungen leben!
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Asylrest

20 Jahre De-facto-Abschaffung des Grundrechts auf Asyl

Der Missbrauchsvorwurf, der zunehmend öffentlicher diskutiert wurde, diente seit dem Ende der Anwerbemigration der Verschlechterung der Bedingungen des Asylverfahrens. Er rechtfertigte im Rahmen von Verfahrens-Novellierungen zahlreiche Restriktionen gegenüber FlüchtlingsmigrantInnen, die entweder in einer Beschleunigung des Verfahrens, der Verkürzung und Reduzierung der Rechtswege und/oder einer Verschlechterung der sozialen Leistungen für Flüchtlinge bestanden. So wurde ab Mitte der 1970er Jahre in Baden-Württemberg der „Tatbestand“ des „offensichtlich in rechtsmissbräuchlicher Absicht“ gestellten Antrags auf ganze Gruppen angewendet. … Ebenso wurde die so genannte Residenzpflicht eingeführt, die die Bewegungsfreiheit von AsylmigrantInnen auf den Landkreis beschränkte. … Der Landkreiseverband Bayern erklärte 1978, dass eine Integration von AsylbewerberInnen durch „bewußt karge lagermäßige Unterbringung zu verhindern [ist]. Sie muß als psychologische Schranke gegen den Zustrom Asylwilliger aufgebaut werden“.1Serhat Karakayali: Gespenster der Migration. Zur Genealogie illegaler Einwanderung in Deutschland. Bielefeld 2008, S. 172.

Am 26. Mai 1993 wurde die Änderung des Artikels 16 des Grundgesetzes im Bundestag beschlossen. Die Formulierung „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“ in Absatz 2, die unter dem Eindruck der Verfolgung im Nationalsozialismus aufgenommen worden war, wurde gestrichen bzw. in einen neuen Artikel 16a verlagert. Dieser Artikel legt seitdem fest, dass Deutschland von „sicheren Drittländern“ umgeben ist und Asylantragsteller_innen, die über solche sicheren Drittländer einreisen oder aus einem als sicher geltenden Herkunftsland kommen, kein Asyl erhalten. Das Grundrecht auf Asyl wurde faktisch abgeschafft.

Quellen: die tageszeitung, Westfälische Rundschau, FAZ
vom 27. Mai 1993
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