Feministinnen* kennen kein „Vater“land!
In diesem Jahr haben Teile des Mainstream-Feminismus das Thema Flüchtlingsfrauen entdeckt. In der Oktober-Ausgabe von Emma findet sich daher ein „geschlechtsspezifischer Forderungskatalog“, in dem Emma formuliert, was „JETZT PASSIEREN“ müsse.
Auf den ersten Blick scheinen die Forderungen zumindest nicht zu schaden, auch wenn alle, die schon länger gemeinsam mit Flüchtlingsfrauen* für eine Verbesserung ihrer Situation kämpfen, viele Forderungen vermissen – zum Beispiel die Forderung nach Abschaffung des entwürdigenden Asylbewerberleistungsgesetzes oder die Forderung nach privatem Wohnraum für alle und nach Abschaffung der Sammelunterkünfte bzw. der Lagerunterbringung – also die Maßnahmen, die Flüchtlingsfrauen* selbst seit langem zu ihrem Schutz einfordern. Vor allem in Bezug auf Asylverfahren bleiben die Forderungen reichlich inhaltslos, so dass sich die Frage aufdrängt, ob es Emma tatsächlich darum geht, die Situation asylsuchender Frauen zu verbessern.
Erst auf den zweiten Blick wird deutlich, was die eigentliche Absicht hinter diesen alarmistischen Forderungen ist: Tatsächlich geht es darum, asylsuchende Männer* als Täter in den Fokus zu nehmen. Denn so erfahren wir an anderer Stelle in derselben Ausgabe der Emma: „Denn eines ist doch klar: Viele der überwiegend jungen Männer, die da jetzt zu uns kommen, sind bisher noch nicht einmal von einem Hauch Gleichberechtigung der Geschlechter gestreift worden. Sie kommen aus Kulturen wie dem Islam, in denen Frauen als minderwertig gelten (..). Sie sind überwiegend Araber, bei denen es, unabhängig vom Glauben, traditionell schlecht bestellt ist um die Frauenrechte. Und sie kommen aus (Bürger)Kriegsgebieten, in denen sie Opfer oder Täter waren, und so manches Mal auch beides zugleich.“
Gegen die soll nun in aller Härte vorgegangen werden. „Täter müssen konsequent verfolgt werden, auch wenn sie selber gleichzeitig Opfer sind.“ Und wie – darüber denkt Emma dann auch gleich nach: „Es stellt sich die Frage, ob solche Verstöße (Übergriffe auf Frauen bzw. Kinder und Verstöße gegen unsere Gesetze) auch ein Grund für die Ablehnung des Asylgesuchs sein können.“ „Feministinnen* kennen kein „Vater“land!“ weiterlesen
Straßensexarbeit: Dortmunds Berufsverbotsbezirk
Der Straßenstrich in Dortmund wurde im Mai 2011 geschlossen und das gesamte Stadtgebiet zum Sperrbezirk für die Straßenprostitution erklärt. Im März 2013 gab das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen einer Sexarbeiterin, die gegen den Verlust ihrer Existenzgrundlage geklagt hatte, Recht und entschied, Straßenprostitution müsse in Dortmund möglich bleiben. Statt sich danach mit Beteiligten und Interessenverbänden zusammenzusetzen und einen neuen Strichstandort einzurichten, ging die Stadt Dortmund in Berufung. Das Oberverwaltungsgericht Münster als nächste Instanz hat gestern die Klage der Sexarbeiterin abgewiesen und das Verbot durch die Stadt bestätigt.
Richterlich begründet wurde die Entscheidung nun mit den Lebensverhältnissen anderswo in Europa und der (eventuell weiterhin drohenden) weiblichen Migration. „Die Lebensumstände in der bulgarischen Stadt Plovdiv haben sich nicht geändert“, erklärte Richterin Ricarda Brandts den Ruhr-Nachrichten zufolge.1Jörn Hartwich: Straßenstrich bleibt verboten. Gericht weist Klage gegen Stadt Dortmund ab / Ministerium kritisiert Sperrbezirk. Ruhr Nachrichten, 12.08.2015. Trotz der europäischen Freizügigkeit wird in dieser Logik die Überschreitung der Staatsgrenze zur (zumindest) unerwünschten Tat. Die Begründung sei „höchst bemerkenswert“, meint der lawblog. Demnach stehe in ganz (!) Dortmund laut Stadtverwaltung und Bezirksregierung Arnsberg kein einziges Gebiet zur Verfügung, das einen Straßenstrich „verkraften“ könne. Und weil die Zahl der Sexarbeiterinnen in dem Marktsegment stark zugenommen habe, hielte das Gericht „die Annahme für gerechtfertigt, ein solcher Straßenstrich werde egal an welcher Stelle immer auch schutzbedürftige Gebiete räumlich betreffen“2Lawblog: Dortmund bleibt „sauber“. 11.08.2015, https://www.lawblog.de/index.php/archives/2015/08/11/dortmund-bleibt-sauber/. – in der siebtgrößten Stadt der BRD. Der Rechtsanwalt der gegen das Verbot klagenden Sexarbeiterin wies darauf hin, dass das Interesse der Frauen* in den Erwägungen der Behörden keine Rolle spiele. Gegenüber Spiegel Online kündigte er an, in die nächste Instanz und damit vor das Bundesverwaltungsgericht ziehen zu wollen.3Spiegel online: Verbot von Straßenprostitution in Dortmund: Gegen den Strich. 11.08.2015; http://www.spiegel.de/panorama/justiz/dortmund-gericht-bestaetigt-verbot-des-strassenstrichs-a-1047630.html. „Straßensexarbeit: Dortmunds Berufsverbotsbezirk“ weiterlesen
„Geflüchtete Frauen sind zu wenig geschützt“
Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat ein „Policy Paper“ veröffentlicht, das die Gewalt gegen Frauen oder LSBTI in Flüchtlingsunterkünften in den Blick nimmt. Enge und Stress wirken gewaltfördernd. „Entsprechend kann man davon ausgehen, dass die derzeitige Situation in Flüchtlingsunterkünften Gewalt gegenüber Frauen verstärkt“, erklärt die Autorin Heike Rabe in einem Interview mit dem Mediendienst.
Na dann
Einige Links – Griechenland aus feministischer (und sonstiger) Perspektive bzw. über die Situation von Frauen*: Aliki Kosyfologou: The post-austerity era in Greece: Problems and possibilities from a feminist critical perspective (24.03.2015), auf transform! | Klaus Walter: Nach dem Syriza-Sieg in Griechenland. Die virile Regierung (05.02.2015), die tageszeitung | Amparo Rubiales: Un Gobierno sin mujeres (29.01.2015), El Huffington Post | Maria Zepatou: Media Representation and Greek Women in Crisis: Four Stories from the Front Lines (25.11.2013), auf {young}ist | Julie Tomlin: Did the press comply with an HIV witch-hunt in Greece? (07.11.2013), New Statesman | Doro Schreier: Die neue Armut in Griechenland hat ein weibliches Gesicht (14.03.2013), netzfrauen | Sandra Ernst Kaiser: Der Hunger der Athenerinnen (03.03.2013), dieStandard | Lizzy Davies: Greek crisis hits women especially hard (15.06.2012), The Guardian | Maria Kyriakidou: “Another world is possible as long as it is feminist too”: dissenting discourses and acts by Greek leftist feminists (Mai 2010), in Interface.
Übrigens: „όχι“ heißt nein.
Aktivistin holt Konföderierten-Flagge ein
Die Flagge der Südstaaten vor dem Parlamentsgebäude des US-Bundesstaats South Carolina wurde Samstagmorgen von der Filmemacherin, Musikerin und Aktivistin der Black Lives Matter-Bewegung Brittany „Bree“ Newsome vom Mast entfernt. Die schwarze Aktivistin kletterte am frühen Morgen auf den neun Meter hohen Fahnenmast und kam mit der Flagge in der Hand wieder herunter. Die Fahne gilt als Symbol für Rassismus und die weiterhin existierende Ideologie einer „white supremacy“ (weißen Vorherrschaft) in den USA. „Aktivistin holt Konföderierten-Flagge ein“ weiterlesen