Rosa Parks rebelliert

In Montgomery, Alabama, vor 70 Jahren, am 1. Dezember 1955, wurde Rosa Parks (geboren am 4. Februar 1913 als Rosa Louise McCauley) von der Polizei festgenommen, weil sie sich weigerte, ihren Platz in einem Bus aufzugeben.

Rosa Parks, 1955
Rosa Parks, 1955

Der öffentliche Nahverkehr im US-Bundesstaat Alabama im Süden war segregiert; die vorderen Busplätze waren weißen Fahrgästen vorbehalten, während Schwarze Fahrgäste hinten saßen – und nach einem Kartenkauf beim Fahrer wieder ausstiegen, um hinten einzusteigen – und alle Sitzplätze im Mittelteil der Busse frei machen mussten, falls ein*e Weiße*r dort sitzen wollte. Rosa Parks‘ Festnahme und das folgende Gerichtsverfahren löste einen 381-tägigen Boykott der Busse in Montgomery durch die Schwarze Bevölkerung aus und endete erst nach einer Entscheidung des Supreme Court of the United States (des Obersten Gerichtshofs) im Dezember 1956, die die Segregation in öffentlichen Verkehrsmitteln verbot.

Es werde immer gesagt, sie sei müde gewesen und deshalb nicht aufgestanden, erklärte Rosa Parks später, „aber das stimmt nicht. Ich war nicht körperlich müde, oder nicht mehr als als nach jedem anderen Arbeitstag. […] Nein, ich war es einfach müde, klein beizugeben.

People always say that I didn’t give up my seat because I was tired, but that isn’t true. I was not tired physically, or no more tired than I usually was at the end of a working day. […] No, the only tired I was, was tired of giving in.Rosa Parks: My Story (1992)

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Happy birthday, Ruby Bridges!

Ruby Neil Bridges, am 8. September 1954 in Tylertown, Mississippi, geboren, war im Alter von sechs Jahren die erste afroamerikanische Schülerin an der bis dahin weißen Kindern vorbehaltenen Grundschule William Frantz Elementary School in New Orleans.

Südstaaten wie Louisiana weigerten sich trotz US-höchstrichterlicher Entscheidung in den 50er-Jahren, die rassistische Segregation in den Schulen zu beenden. In New Orleans wurde die Aufhebung schließlich ab dem 14. November 1960 an zwei Grundschulen erzwungen.
Für den Besuch der jetzt „gemischten“ Schulen hatten afroamerikanische New Orleanser Kinder einen schwierigen Eignungstest absolvieren müssen und Ruby Bridges gehörte zu den sechs Kindern, die ihn bestanden hatten. Zwei von ihnen nahmen dennoch nicht an der Desegregation der Schulen teil, drei weitere, Leona Tate, Tessie Provost und Gail Etienne, wurden an der McDonogh 19 Elementary School eingeschult, während Ruby Bridges die einzige Schwarze Schülerin an der William Frantz Elementary School wurde, die näher an ihrer Wohnung lag (zusammen wurden die vier Schülerinnen als The New Orleans Four bekannt).
Vor dem Unterrichtsgebäude wurden Ruby Bridges und ihre Mutter von einem suprematistischen weißen Mob empfangen, der sie anschrie, rassistisch beleidigte und mit Gegenständen bewarf. Lange Zeit musste die Sechsjährige jeden Tag von mehreren US-Marshalls eskortiert werden, weil sie mit dem Tod bedroht wurde.

The Problem We All Live With (Norman Rockwell, 1963)
Das Gemälde The Problem We All Live With (Norman Rockwell, 1963) stellt Ruby Bridges auf dem Weg zur Schule dar, in Begleitung der US-Marshalls.
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SELBSTBESTIMMUNG WEIT ENTFERNT

USA Anfang Mai 2022: Über das Magazin Politico gelangt ein Entscheidungsvorschlag des US Supreme Court in einem Rechtsstreit um ein beschlossenes, aber bislang unwirksames Abtreibungsgesetz des US-Bundesstaates Mississippi an die Öffentlichkeit. Der Entwurf für das Urteil des höchsten Gerichts der Vereinigten Staaten sieht vor, die Grundsatzentscheidungen Roe v. Wade (1973) und Planned Parenthood v. Casey (1992) aufzuheben und die Gesetzgebung zum Schwangerschaftsabbruch (wieder) den US-Bundesstaaten zu überlassen. Tatsächlich sind in vielen konservativen US-Staaten die Gesetze bisher lediglich außer Kraft gesetzt bzw. liegen bereits in den Schubladen, um Schwangerschaftsabbrüche zu kriminalisieren und zu bestrafen.
Weil kein US-weites Abtreibungsgesetz besteht, basiert das Recht momentan auf den früheren höchstrichterlichen Entscheidungen, die einen Abbruch bis zur Lebensfähigkeit (d. h. bis etwa maximal zur 24. Woche) erlauben. Das könnte sich noch in diesem Juni (oder Anfang Juli) ändern, da das tatsächliche Urteil des Supreme Court vor den danach beginnenden Gerichtssommerferien erwartet wird. Trotz Protesten (etwa Mitte Mai in 450 Städten) – und obwohl in den USA eine Bevölkerungsmehrheit Abtreibungen für richtig hält – wird sich der seit der Trump-Amtszeit mehrheitlich konservativ besetzte oberste Gerichtshof mit ziemlicher Sicherheit für ein Ende des fast 50 Jahre geltenden US-Abtreibungsrechts aussprechen.

(Wenn ich dieses Ereignis meines Lebens in einem einzigen Gemälde darstellen müsste, würde ich einen kleinen Resopaltisch vor einer Wand malen und eine Emailschüssel, in der eine rote Sonde schwimmt. Rechts davon eine Haarbürste. Ich glaube nicht, dass in irgendeinem Museum der Welt eine Werkstatt der Engelmacherin hängt.)
Annie Ernaux1Annie Ernaux: Das Ereignis. Berlin Suhrkamp 2021, S. 74 (in Frankreich bereits 2000 erschienen).

Frankreich in den 60er-Jahren: Ungeschminkt und mit drastischen (realen) Einzelheiten schildert die Schriftstellerin Annie Ernaux in der autobiografischen Erzählung Das Ereignis eine Abtreibung unter den damaligen Bedingungen der Strafbarkeit. Nach einer mühseligen und demütigenden Suche nach Hilfe und eigenen Versuchen (Stricknadel, viel körperlicher Anstrengung) endet schließlich der Besuch bei einer „Engelmacherin“ Tage später mit einem Abgang, in dessen Folge sie fast verblutet und in die Notaufnahme eines Krankenhauses gebracht wird. „Vielleicht wirkt diese Beschreibung irritierend oder abstoßend, oder sie mag als geschmacklos empfunden werden … Wenn ich diese Erfahrung nicht im Detail schildere, trage ich dazu bei, die Lebenswirklichkeit von Frauen zu verschleiern“, schreibt sie zur Erklärung.2Annie Ernaux: Das Ereignis. Berlin Suhrkamp 2021, S. 48. Durch ein Verbot werden Schwangerschaftsabbrüche eben nicht abgeschafft, sondern eher lebensgefährlich gemacht.

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Gewonnen in Mexiko, aber nicht in den USA

In den weltweiten Auseinandersetzungen um das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper (bei Schwangerschaften und Abtreibungen, aber nicht bloß da, gern verweigert) hat Anfang September Mexikos Oberster Gerichtshof die Kriminalisierung von Abtreibungen für verfassungswidrig erklärt. Dem Urteil zufolge dürfen Abtreibungen im Schwangerschafts-Frühstadium und bei Vergewaltigung, Gefährdung der Gesundheit der Schwangeren oder lebensunfähigem Fötus nicht unter Strafe gestellt werden.1Christian Stör: Jahrelanger Kampf: „Historischer Tag“: Gericht in Mexiko entkriminalisiert Abtreibung, Frankfurter Rundschau, 08.09.2021, https://www.fr.de/politik/mexiko-abtreibungen-oberstes-gericht-entkriminalisiert-schwangerschaf-abbruch-zr-90968005.html. Feministinnen* in Mexiko feierten das Urteil, mit dem „unser langer Kampf nun Früchte trägt“. Die Geschäftsführerin der feministischen Organisation GIRE (Grupo de Información en Reproducción Elegida) kündigte eine Prozesswelle an „gegen alle, die eine legale und sichere Abtreibung weiter verhindern“.2Sandra Weiss: Mexikos oberste Richter brechen eine Lanze für Abtreibung, Neue Zürcher Zeitung, 08.09.2021, https://www.nzz.ch/international/mexiko-entkriminalisiert-abtreibung-ld.1644432. Denn auch wenn es sich um ein Grundsatzurteil handelt, betrifft es zurzeit lediglich Mexikos Teilstaat Coahuila, in dem für eine Abtreibung oder Beihilfe dazu gesetzlich bis zu drei Jahre Haft vorgesehen waren. Gegen andere Teilstaaten müssen weitere Verfahren angestrengt werden, um das Recht auf Schwangerschaftsabbruch allgemein durchzusetzen.

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Hunderttausende beim ‚Women’s March‘ in Washington und anderswo

Allein in Washington und Los Angeles beteiligten sich am Samstag jeweils über eine halbe Million Menschen an den dortigen Women’s Marches; Demonstrationen mit schätzungsweise mehr als 100.000 Teilnehmer*innen soll es auch in New York, Chicago, Boston, Denver und Seattle gegeben haben. Mit etwa 670 Sister Marches weltweit in Solidarität mit der Veranstaltung in Washington wurde die Zahl der Beteiligten global auf über 4,6 Millionen Menschen geschätzt, darunter etwa 100.000 Menschen bei einem Protestmarsch in London. Die Women’s Marches sind so der größte Protest nach dem Antritt eines neuen Präsidenten in der Geschichte der USA geworden.

Women's March in Washington

Durch die Aufforderung zu einem Zusammenkommen „in Diversität“ sollte eine breite Beteiligung – gegen Rassismus und Polizeigewalt, für Migrant*innen und Geflüchtete in den USA, von LGBT-Organisationen oder Klimaschützer*innen… – an den Marches mit einem feministischen Schwerpunkt ermöglicht werden. Auseinandersetzungen gab es im Vorfeld (selbstverständlich) dennoch, etwa über die Beteiligung von Gruppen gegen Abtreibung, die sich selbst als feministisch definieren, oder um Widersprüche zwischen weißen und nicht-weißen Frauen*.

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