Coco Em – grenzenlose Beats aus Kenia

„Das Ziel von Pass Pass ist es, unfaire Reisebeschränkungen für afrikanische Kulturschaffende infrage zu stellen und sie mit Informationen und Ressourcen zu versorgen, um ihnen durch die langwierigen, verwickelten und teuren Visaverfahren zu helfen, mit denen sie konfrontiert sind“, sagt die keinianische DJ, Produzentin und  Filmemacherin Emma Mbeke Nzioka, bekannt als Coco Em, im Interview mit dem Online-Magazin Africa Is a Country.1Justin Doucet (Interview mit Coco EM): Beats, borders, and the struggle for freedom, Africa Is a Country, 25.02.25, https://africasacountry.com/2025/02/beats-borders-and-the-struggle-for-freedom. Bereits während ihrer europäischen Auftritte im letzten Jahr hatte sie sich zusammen mit anderen Künstler_innen und Veranstalter_innen über demütigende und ausschließende Visaverfahren und -verweigerungen beschwert – wobei in der Europäischen Union 2023 allein durch abgelehnte Visa 130 Mio. Euro eingenommen wurden.2Karen McVeigh: African and Asian artists condemn ‘humiliating’ UK and EU visa refusals, The Guardian, 25.06.2024, https://www.theguardian.com/global-development/article/2024/jun/25/african-asian-musicians-artists-condemn-humiliating-uk-eu-visa-refusals.
Mit Africa Is a Country spricht sie (unter anderem) über die deshalb von ihr und anderen Kreativen initiierte Organisation Pass Pass, aber auch über Probleme einer nicht-männlichen Musikszene in Kenia, die politische Situation und ihren Einfluss auf sie selbst als Künstlerin. Das Interview unter dem Titel Beats, borders, and the struggle for freedom ist hier etwas gekürzt wiedergegeben.

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Die Revolte der Loméerinnen

In Lomé, der Hauptstadt Togos – zu der Zeit nominell Völkerbund-Mandatsgebiet unter französischer Verwaltung, de facto eine französische Kolonie, – rebellierten am 24. und 25. Januar 1933 (es ist also gerade 92 Jahre her) die Markthändlerinnen*, nachdem der französische Commissaire de la République Robert de Guise die Einführung neuer Steuern bekanntgegeben hatte.
Neben der Verwaltung Frankreichs mit dem Commissaire an der Spitze bestanden damals in Lomé zwei ausschließlich männliche togoische Vertretungen, der Conseil des Notables (Franz.: Rat der Notabeln) und die Duawo (Ewe: Bevölkerung, Leute). Im Gegensatz zum Conseil, den 1922 die französische Verwaltung ins Leben gerufen hatte, galten die Duawo – eine Initiative von Männern, die jünger, weniger gut gestellt waren – als nicht durch die Zusammenarbeit mit der Kolonialmacht kompromittiert. So oder so wandten sich beide Gruppen in der Situation, in der die Weltwirtschaftskrise auch in Togo die Bevölkerung hart getroffen hatte, schriftlich an Commissaire de Guise und wiesen auf das drohende Elend durch eine höhere Besteuerung hin.

Doussi Ekué Attognon, Markthändlerin und Beteiligte an den späteren Protesten, erzählte 1977 (im Alter von 79 Jahren) über ihre Steuerfestsetzung: „Eines Morgens, als ich auf den Markt gehen wollte, kamen zwei Steuerbeamte zu mir. Sie zählten, wie viele Hühner, Enten, Hocker und Tische ich hatte; sie schätzten die Menge an Bonbons, Streichhölzern und importierten Seifen, die ich auf ein Tablett gelegt hatte, um sie auf dem Markt zu verkaufen. Sie fragten mich, ob ich verheiratet sei. Ich bejahte … Dann wollten sie wissen, ob ich mit ihm zusammenlebe. Angesichts einer so unverschämten Frage schwieg ich. Danach berieten sie sich, kritzelten etwas auf einen Zettel und sagten zu mir: ‚Sie werden dieses Jahr 70 Franc Steuern zahlen.‘ Ich wollte wissen, ob die Marktgebühren in dieser Berechnung enthalten seien, aber sie sagten nein.

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Friedens- und Kriegszustände

„Es war ein Akt der feministischen Solidarität“, beschrieb eine der Initiatorinnen* von Palestinians and Jews for Peace in Köln bei einer Mahnwache am 17. März das Zusammenkommen nach dem mörderischen Hamas-Überfall auf Israel am 7. Oktober 2023. Die Kölner jüdisch-palästinensische Gruppe habe sich dann aus „dem Bedürfnis nach mehr feministischer Solidarität“ entwickelt, erklärte sie in ihrer Rede, in der es insbesondere um sexualisierte Gewalt als Kriegswaffe in diesen Zusammenhängen ging. Bereits in ihrem ersten Statement und Aufruf für eine Demonstration Ende Oktober 2023 forderte Palestinians and Jews for Peace dazu auf, „nach ausgewogeneren und differenzierteren Perspektiven“ zu suchen (was immer noch selten passiert). Kein gutes Haar ließen sie darin aber (selbstverständlich) an Hamas, die „eine faschistische, antisemitische, fundamentalistische und frauenfeindliche Organisation“ sei, womit sie die teilweise behauptete „Dekolonialisierung“ oder „Befreiung“ – umso mehr angesichts der Unterdrückung der Menschen im Gaza-Streifen durch Hamas – deutlich als Mythos entlarvten. Gleichzeitig schrieben sie, „das Ausmaß der Gewalt“ durch die israelische Regierung, die gegen Zivilist*innen im Gaza-Streifen verübt werde, „nicht in Frage zu stellen, ist eine Verletzung der Menschenrechte“.1Siehe auch: Sebastian Weiermann: Demo in Köln: 500 für Frieden im Nahost-Konflikt, nd, 23.10.2023, https://www.nd-aktuell.de/artikel/1177224.nahostkonflikt-demo-in-koeln-fuer-frieden-im-nahost-konflikt.html. Die Lage in Gaza ist seitdem bloß katastrophaler geworden, bis zur auferlegten Hungersnot und brutalen Bombardierung in Rafah.

Feministische Debatten drehten sich in der Vergangenheit oft um einen „Zusammenhang zwischen feministischem Aktivismus und Friedensaktivismus“2Nira Yuval-Davis: Geschlecht und Nation, Emmendingen 2001, S. 156. – nicht weil weiblich gelesene Personen von feministischer Seite aus als „von Natur aus“ friedfertiger betrachtet wurden (was patriarchale Weiblichkeitskonstruktionen dagegen implizieren können), sondern weil Militarismus/Militär/Krieg als mit patriarchalen Strukturen bzw. einer militarisierten Männlichkeit gekoppelt galten. Solche Diskussionen haben abgenommen, wohl unter anderem deshalb, weil viele Staaten einen weiblichen Militärdienst ermöglicht haben, obwohl die Rollen im Militär in ihrer Vergeschlechtlichung verharren.3Selbst für die israelischen Streitkräfte werden noch deutliche Geschlechterrollen konstatiert, obwohl Israel als einer der wenigen Staaten weltweit eine Wehrpflicht für Frauen* hat. Siehe unter anderem: Uta Klein: Militär und Männlichkeit in Israel, Frankfurt am Main 2001; Emma Montron: What is the reality for the integration of women in the Israeli army?, Gender in Geopolitics Institute, 11.12.2020, https://igg-geo.org/?p=3124&lang=en; Amos Harel: Analysis | The Israeli Army Promised Female Soldiers a Revolution but Left Them With Nothing but Crumbs, Haaretz, 08.06.2022, https://www.haaretz.com/israel-news/2022-06-08/ty-article/idf-promised-female-soldiers-a-revolution-but-left-them-with-nothing-but-crumbs/00000181-3f9c-d62a-a99b-ffdfdebb0000. Sofern die Teilhabe an einem männlich konnotierten Handeln also Strukturen und Logik dieser Institution nicht verändert hat und auch nicht umgekehrt die Übernahme weiblich konnotierter Aufgaben Männern* abverlangt, bleibt die Frage nach dem emanzipatorischen Gehalt dieser Teilhabe (erneute Beschränkungen wären trotzdem ein verkehrter Weg).

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Iran: Proteste nach Tod wegen „einigen Haarsträhnen“

Der Tod der 22-jährigen Mahsa (Zhina) Amini nach einer Festnahme durch die Sittenpolizei hat im Iran in mehreren Städten, unter anderem in Teheran und ihrer Heimatstadt Saqqez, wütende Proteste ausgelöst. Nach einem im Internet verbreiteten Video demonstrierten Frauen* nach der Beerdigung in Saqqez im iranischen Kurdistan, indem sie ihre Kopftücher in der Luft schwenkten und „Tod dem Diktator“ riefen.


Mahsa Amini war letzten Dienstag während einem Verwandtenbesuch in Teheran wegen Nichtbeachtung der Kleidungsvorschriften von der Polizei festgenommen worden – der Hidschab soll verutscht gewesen sein und einige Haarsträhnen sollen zu sehen gewesen sein – und in Polizeigewahrsam gebracht worden. Nach ihrer Festnahme soll ihr auf den Kopf geschlagen worden sein, was zu einer Hirnblutung geführt habe. (Die Sittenpolizei spricht von Herzversagen und will keine Gewalt angewendet haben, aber die Familie hat Behauptungen einer Vorerkrankung von offizieller Seite zurückgewiesen – und Mahsa Amini ist unter Zwang auf die Wache geschafft worden).

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Gedenken an Malte C.

Gestern Abend kamen auf dem Friedensplatz in Dortmund ungefähr hundert Personen zu einer Kundgebung gegen queer- und besonders transfeindliche Gewalt und zum Gedenken an Malte C. zusammen. Malte C., ein 25-jähriger trans Mann, war dazwischengetreten, als beim Christopher-Street-Day-Fest in Münster zwei andere Teilnehmende beleidigt worden waren, und deshalb niedergeschlagen und tödlich verletzt worden.

Gedenken an Malte C.

Anfang dieses Monats und nur einen Tag, nachdem er schließlich seinen Verletzungen erlegen war, wurde dann in Bremen eine trans Frau in einer Straßenbahn beschimpft und geschlagen. Als Antwort auf diese und andere Attacken (in Dortmund wurden etwa nach der CSD-Warm-Up-Party Ende August Beteiligte angegriffen und bei der Pride Parade versuchten Neonazis zu stören) fand jetzt die gestrige Kundgebung statt.

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