Rosa Parks rebelliert

In Montgomery, Alabama, vor 70 Jahren, am 1. Dezember 1955, wurde Rosa Parks (geboren am 4. Februar 1913 als Rosa Louise McCauley) von der Polizei festgenommen, weil sie sich weigerte, ihren Platz in einem Bus aufzugeben.

Rosa Parks, 1955
Rosa Parks, 1955

Der öffentliche Nahverkehr im US-Bundesstaat Alabama im Süden war segregiert; die vorderen Busplätze waren weißen Fahrgästen vorbehalten, während Schwarze Fahrgäste hinten saßen – und nach einem Kartenkauf beim Fahrer wieder ausstiegen, um hinten einzusteigen – und alle Sitzplätze im Mittelteil der Busse frei machen mussten, falls ein*e Weiße*r dort sitzen wollte. Rosa Parks‘ Festnahme und das folgende Gerichtsverfahren löste einen 381-tägigen Boykott der Busse in Montgomery durch die Schwarze Bevölkerung aus und endete erst nach einer Entscheidung des Supreme Court of the United States (des Obersten Gerichtshofs) im Dezember 1956, die die Segregation in öffentlichen Verkehrsmitteln verbot.

Es werde immer gesagt, sie sei müde gewesen und deshalb nicht aufgestanden, erklärte Rosa Parks später, „aber das stimmt nicht. Ich war nicht körperlich müde, oder nicht mehr als als nach jedem anderen Arbeitstag. […] Nein, ich war es einfach müde, klein beizugeben.

People always say that I didn’t give up my seat because I was tired, but that isn’t true. I was not tired physically, or no more tired than I usually was at the end of a working day. […] No, the only tired I was, was tired of giving in.Rosa Parks: My Story (1992)

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Argentinien: Zwei der Madres de Plaza de Mayo gestorben

Und außerdem haben sie uns unsere Kinder gestohlen! Und wir haben nie wieder etwas von ihnen gehört. Das Militär hat das getan! Das Militär hat das getan!1Redaktion El Arrebato: [VIDEO] Enriqueta Maroni, el día en que denunció al mundo los crímenes de la dictadura argentina en pleno mundial de fútbol, El Arrebato, 05.08.2025, https://elarrebato.cl/2025/08/06/video-enriqueta-maroni-el-dia-en-que-denuncio-al-mundo-los-crimenes-de-la-dictadura-argentina-en-pleno-mundial-de-futbol/.

Während der Fußball-Weltmeisterschaft 1978 wurde Enriqueta Rodríguez de Maroni international bekannt, als sie Argentiniens Diktatur bei den Platzumrundungen der Madres de Plaza de Mayo (Mütter vom Mai-Platz) gegenüber einem TV-Team aus den Niederlanden anprangerte. Seit dem 30. April 1977 trafen sich die Frauen* jeden Donnerstag auf dem Platz vor dem Regierungssitz, um gegen das ‚Verschwindenlassen‘ ihrer Kinder unter der argentinischen Militärjunta zu protestieren. Ungefähr 30.000 Menschen sollen in der Zeit zwischen 1976 und 1983 entführt, gefoltert und ermordet worden sein; viele von ihnen blieben ‚desaparecidxs‘ (Verschwundene) und wurden nie gefunden.2Tagesspiegel (dpa): Menschen lebend aus dem Laderaum geschmissen: BerüchtigteTodesflug“-Maschine nach Argentinien zurückgebracht, Tagesspiegel, 27.06.2023, https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/menschen-lebend-aus-dem-laderaum-geschmissen-beruchtigte-todesflug-maschine-nach-argentinien-zuruckgebracht-10055479.html; Elisa Lorenz: Mütter der Plaza de Mayo: 40 Jahre Suche nach den Verschwundenen der Militärdiktatur, amerika21, 08.05.2017, https://amerika21.de/2017/05/175715/40-jahre-madres-plaza-de-mayo. Weil Kundgebungen im Stehen verboten waren, liefen die Madres im Kreis – ihr Symbol wurden die weißen Kopftücher, auf die sie am Anfang die Namen der Kinder stickten.

Die Madres de Plaza de Mayo versammeln sich mit Fotos ihrer verschwundenen Kinder.

Am Dienstag vergangener Woche ist Enriqueta Rodríguez de Maroni gestorben, ebenso wie Dolores „Lolín“ Rigoni, letztes Mitglied der Madres der Sektion Neuquén y Alto Valle (im südlicheren Teil Argentiniens). Enriqueta Maroni, die lange Zeit als Lehrerin arbeitete und zwischen 2022 und 2024 Präsidentin der Madres de Plaza de Mayo Línea Fundadora war, wurde 98 Jahre alt, Dolores Noemí López Candán de Rigoni starb in Neuquén im Alter von 100 Jahren. 1977 waren eine Tochter und ein Sohn Enriquetas ‚verschwunden‘ genauso wie ein Sohn Lolíns, dessen Leiche der Familie letztlich vier Jahre später zurückgegeben wurde.3Murió Enriqueta Maroni, histórica Madre de Plaza de Mayo que denunció a la dictadura en el Mundial 78, La Izquierda Diario, 05.08.2025, https://www.laizquierdadiario.com/Murio-Enriqueta-Maroni-historica-Madre-de-Plaza-de-Mayo-que-denuncio-a-la-dictadura-en-el-Mundial; A los 100 años murió Lolín Rigoni, la última Madre de Plaza de Mayo de Neuquén y Alto Valle, La Izquierda Diario, 05.08.2025, https://www.laizquierdadiario.com/A-los-100-anos-murio-Lolin-Rigoni-la-ultima-Madre-de-Plaza-de-Mayo-de-Neuquen-y-Alto-Valle. Auch die Protestierenden selbst waren bald gefährdet: Im Dezember 1977 wurden zwei der Madres aus einer Kirche entführt und zwei Tage später wurde Azucena Villaflor verschleppt, eine der Initiatorinnen* der Runden auf der Plaza de Mayo. Erst im Juli 2005 wurden ihre Leichen gefunden und identifiziert.4Victoria Eglau: Der Diktatur die Stirn geboten, Deutschlandfunk Kultur, 30.04.2007, https://www.deutschlandfunkkultur.de/der-diktatur-die-stirn-geboten-102.html.

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Die Revolte der Loméerinnen

In Lomé, der Hauptstadt Togos – zu der Zeit nominell Völkerbund-Mandatsgebiet unter französischer Verwaltung, de facto eine französische Kolonie, – rebellierten am 24. und 25. Januar 1933 (es ist also gerade 92 Jahre her) die Markthändlerinnen*, nachdem der französische Commissaire de la République Robert de Guise die Einführung neuer Steuern bekanntgegeben hatte.
Neben der Verwaltung Frankreichs mit dem Commissaire an der Spitze bestanden damals in Lomé zwei ausschließlich männliche togoische Vertretungen, der Conseil des Notables (Franz.: Rat der Notabeln) und die Duawo (Ewe: Bevölkerung, Leute). Im Gegensatz zum Conseil, den 1922 die französische Verwaltung ins Leben gerufen hatte, galten die Duawo – eine Initiative von Männern, die jünger, weniger gut gestellt waren – als nicht durch die Zusammenarbeit mit der Kolonialmacht kompromittiert. So oder so wandten sich beide Gruppen in der Situation, in der die Weltwirtschaftskrise auch in Togo die Bevölkerung hart getroffen hatte, schriftlich an Commissaire de Guise und wiesen auf das drohende Elend durch eine höhere Besteuerung hin.

Doussi Ekué Attognon, Markthändlerin und Beteiligte an den späteren Protesten, erzählte 1977 (im Alter von 79 Jahren) über ihre Steuerfestsetzung: „Eines Morgens, als ich auf den Markt gehen wollte, kamen zwei Steuerbeamte zu mir. Sie zählten, wie viele Hühner, Enten, Hocker und Tische ich hatte; sie schätzten die Menge an Bonbons, Streichhölzern und importierten Seifen, die ich auf ein Tablett gelegt hatte, um sie auf dem Markt zu verkaufen. Sie fragten mich, ob ich verheiratet sei. Ich bejahte … Dann wollten sie wissen, ob ich mit ihm zusammenlebe. Angesichts einer so unverschämten Frage schwieg ich. Danach berieten sie sich, kritzelten etwas auf einen Zettel und sagten zu mir: ‚Sie werden dieses Jahr 70 Franc Steuern zahlen.‘ Ich wollte wissen, ob die Marktgebühren in dieser Berechnung enthalten seien, aber sie sagten nein.

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Happy birthday, Ruby Bridges!

Ruby Neil Bridges, am 8. September 1954 in Tylertown, Mississippi, geboren, war im Alter von sechs Jahren die erste afroamerikanische Schülerin an der bis dahin weißen Kindern vorbehaltenen Grundschule William Frantz Elementary School in New Orleans.

Südstaaten wie Louisiana weigerten sich trotz US-höchstrichterlicher Entscheidung in den 50er-Jahren, die rassistische Segregation in den Schulen zu beenden. In New Orleans wurde die Aufhebung schließlich ab dem 14. November 1960 an zwei Grundschulen erzwungen.
Für den Besuch der jetzt „gemischten“ Schulen hatten afroamerikanische New Orleanser Kinder einen schwierigen Eignungstest absolvieren müssen und Ruby Bridges gehörte zu den sechs Kindern, die ihn bestanden hatten. Zwei von ihnen nahmen dennoch nicht an der Desegregation der Schulen teil, drei weitere, Leona Tate, Tessie Provost und Gail Etienne, wurden an der McDonogh 19 Elementary School eingeschult, während Ruby Bridges die einzige Schwarze Schülerin an der William Frantz Elementary School wurde, die näher an ihrer Wohnung lag (zusammen wurden die vier Schülerinnen als The New Orleans Four bekannt).
Vor dem Unterrichtsgebäude wurden Ruby Bridges und ihre Mutter von einem suprematistischen weißen Mob empfangen, der sie anschrie, rassistisch beleidigte und mit Gegenständen bewarf. Lange Zeit musste die Sechsjährige jeden Tag von mehreren US-Marshalls eskortiert werden, weil sie mit dem Tod bedroht wurde.

The Problem We All Live With (Norman Rockwell, 1963)
Das Gemälde The Problem We All Live With (Norman Rockwell, 1963) stellt Ruby Bridges auf dem Weg zur Schule dar, in Begleitung der US-Marshalls.
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deeds not words

Ungefähr 150 Suffragetten zerstörten am 1. März 1912 gegen halb sechs Uhr nachmittags mit Hämmern und Steinen die Schaufenster in mehreren Straßen des Einkaufsviertels im Londoner Westend. Die Aktion vor 110 Jahren war der Auftakt einer von der Women’s Social and Political Union (WSPU) organisierten Kampagne der zerschlagenen Fensterscheiben, um ihrer Forderung nach einem Wahlrecht für Frauen* Nachdruck zu verleihen. Sie wurde in den folgenden Tagen fortgesetzt, traf auch Regierungsgebäude und in der Folge befanden sich Ende März 1912 über 200 Frauen* im Gefängnis.
Die WSPU war 1903 in Manchester unter Federführung von Emmeline Pankhurst gegründet worden, die ebenfalls Mitglied der Independent Labour Party (ILP) war, aber das Engagement der Partei für Frauen*rechte als nicht ausreichend betrachtete. Entsprechend war die Gründung von aktiven Arbeiterinnen* und Mitgliedern der ILP, aber auch von ihren Töchtern Christabel und Sylvia unterstützt worden.

Annie Kenney und Christabel Pankhurst
Die Suffragetten Annie Kenney und Christabel Pankhurst
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