Rosa Parks rebelliert

In Montgomery, Alabama, vor 70 Jahren, am 1. Dezember 1955, wurde Rosa Parks (geboren am 4. Februar 1913 als Rosa Louise McCauley) von der Polizei festgenommen, weil sie sich weigerte, ihren Platz in einem Bus aufzugeben.

Rosa Parks, 1955
Rosa Parks, 1955

Der öffentliche Nahverkehr im US-Bundesstaat Alabama im Süden war segregiert; die vorderen Busplätze waren weißen Fahrgästen vorbehalten, während Schwarze Fahrgäste hinten saßen – und nach einem Kartenkauf beim Fahrer wieder ausstiegen, um hinten einzusteigen – und alle Sitzplätze im Mittelteil der Busse frei machen mussten, falls ein*e Weiße*r dort sitzen wollte. Rosa Parks‘ Festnahme und das folgende Gerichtsverfahren löste einen 381-tägigen Boykott der Busse in Montgomery durch die Schwarze Bevölkerung aus und endete erst nach einer Entscheidung des Supreme Court of the United States (des Obersten Gerichtshofs) im Dezember 1956, die die Segregation in öffentlichen Verkehrsmitteln verbot.

Es werde immer gesagt, sie sei müde gewesen und deshalb nicht aufgestanden, erklärte Rosa Parks später, „aber das stimmt nicht. Ich war nicht körperlich müde, oder nicht mehr als als nach jedem anderen Arbeitstag. […] Nein, ich war es einfach müde, klein beizugeben.

People always say that I didn’t give up my seat because I was tired, but that isn’t true. I was not tired physically, or no more tired than I usually was at the end of a working day. […] No, the only tired I was, was tired of giving in.
Rosa Parks: My Story (1992)

Sie war nicht die erste, die sich widersetzte. Unter anderem war bereits im März 1955 die Schülerin Claudette Colvin auf ihrem Platz sitzen geblieben; sie ging ebenfalls vor Gericht, statt die vorgesehene Strafe zu zahlen. Weil sie aber erst 15 Jahre alt war und während des Verfahrens schwanger, erhielt sie nicht dieselbe Unterstützung durch die Bürgerrechtsorganisation Association for the Advancement of Colored People (NAACP) in Montgomery: Befürchtet wurde ein öffentliches Aufsehen aus anderen als den gewünschten Gründen.
Die damals in einem Kaufhaus als Schneiderin beschäftigte Rosa Parks dagegen war 42 Jahre alt und sie und ihr Ehemann Raymond waren in der NAACP engagiert. Schon seit 1943 arbeitete Rosa Parks ehrenamtlich als Sekretärin der Organisation (auch wenn sie später sagte, sie sei in die Position gewählt worden, weil sie bei der Versammlung die einzige Frau war) und war an mehreren Kampagnen beteiligt gewesen; sie wurde deshalb zum Präzedenzfall.

Der Women’s Political Council (WPC), eine Organisation Schwarzer Frauen*, brachte für den den 5. Dezember, den Tag ihrer Gerichtsverhandlung, einen Boykottaufruf auf 35.000 vervielfältigten Handzetteln in Umlauf: „Eine weitere Schwarze Frau ist festgenommen und ins Gefängnis geworfen worden, weil sie sich weigerte, ihren Sitz im Bus für eine weiße Person frei zu machen. […] Drei Viertel der Busfahrenden sind Schwarze, dennoch werden wir festgenommen oder müssen über leeren Sitzen stehen. […] Wir bitten daher alle Schwarzen, am Montag aus Protest gegen die Festnahme und den Prozess den Bussen fernzubleiben. Nehmen Sie am Montag nicht den Bus zur Arbeit, in die Stadt, in die Schule oder irgendwohin. […]

Another Negro woman has been arrested and thrown in jail because she refused to get up out of her seat on the bus for a white person to sit down. […] Three-fourths of the riders are Negroes, yet we are arrested, or have to stand over empty seats. […] We are, therefore, asking every Negro to stay off the buses Monday in protest of the arrest and trial. Don’t ride the buses to work, to town, to school, or anywhere on Monday. […]
Aus dem Flugblatt des Women’s Political Council

Der Boykottaufruf wurde von fast der gesamten Schwarzen Bevölkerung Montgomerys befolgt. Am Nachmittag des Tags wurde von Bürgerrechtlern* die Montgomery Improvement Association (MIA) gegründet und ein junger (damals noch ziemlich unbekannter) Pastor, Martin Luther King Jr., wurde zu ihrem Vorsitzenden gewählt. Die neue Vereinigung unterstützte die Fortsetzung des Boykotts, der der sich entwickelnden Bürgerrechtsbewegung landesweit Auftrieb gab. Sowohl Rosa Parks als auch ihr Ehemann Raymond verloren ihre Arbeitsplätze frühzeitig während des Boykotts und fanden in Montgomery nie wieder eine regelmäßige Arbeit. Rosa wurde zu einer prominenten Figur der Bewegung und verbrachte einen großen Teil des Jahres 1956 mit Reisen, auf denen sie Vorträge hielt und Spenden sammelte.

Rosa Parks und Martin Luther King Jr. (Selma-nach-Montgomery-Marsch, März 1965)

Allerdings erhielt sie auch Morddrohungen und im Sommer 1957 sah sich das Paar letztlich gezwungen, nach Detroit zu ihrem Bruder und seiner Familie umzuziehen. Sie lebten in Armut, hatten wechselnde Arbeitstellen und bekamen Gesundheitsprobleme; Raymond hatte außerdem begonnen zu trinken. Im Jahr 1959 zogen sie zeitweilig in das Gebäude der Progressive Civic League, wo sie Verwaltungs- und Hausmeisteraufgaben übernahmen, weil sie kaum die Miete aufbringen konnten. Erst ab 1965 bis zu ihrem Ruhestand hatte Rosa Parks wieder eine reguläre Position als Sekretärin des Schwarzen Kongressabgeordneten John Conyers.
Raymond Parks starb im August 1977.

Rosa Parks, 1999 (bei der Verleihung der Medaille des US-Kongresses)
Rosa Parks, 1999

Rosa Parks blieb lebenslang aktiv und setzte sich in der Bürgerrechtsbewegung in vielfältigen Bereichen ein. Schon zu Lebzeiten wurde sie mehrfach geehrt und schließlich, als sie über achtzig Jahre alt war, sowohl mit der Freiheitsmedaille des US-Präsidenten als auch der Goldenen Ehrenmedaille des Kongresses ausgezeichnet.
Am 24. Oktober 2005 starb sie in Detroit im Alter von 92 Jahren. Bei dem von Tausenden besuchten Gottesdienst zu ihrer Beerdigung sangen unter anderem Opernsängerin Brenda Jackson und Soul-Sängerin Aretha Franklin.

Quellen:
Associated Press: Rosa Parks honored by thousands at funeral, NBC News, 02.11.2005, NAACP: Civil Rights Leaders: Rosa Parks, Amy Goodman (mit Jeanne Theoharis als Gast): On Rosa Parks’ 100th Birthday, Recalling Her Rebellious Life Before and After the Montgomery Bus, Democracy Now!, 04.02.2013, Jeanne Theoharis: Beyond the Bus: Rosa Parks’ Lifelong Struggle for Justice, Library of Congress Magazine, vol. 4 no. 2 (März – April 2015), Jovana Horn, Nino Iaseshvili  (Aufbereitung für das Netz Klaudia Saupe): Rosa Parks (1913-2005): Gesicht der schwarzen Freiheitsbewegung, Landeszentrale für politische Bildung, Februar 2018, Taylor-Dior Rumble: Claudette Colvin: The 15-year-old who came before Rosa Parks, BBC, 10.03.2018, Kristina Reymann-Schneider: Rosa Parks: Ikone der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, Deutsche Welle, 03.02.2025, und andere…

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