Neuseeland: Suspendierung für traditionellen Haka

Letzte Woche hat das neuseeländische Parlament abgestimmt: Drei Angeordnete der Māori-Partei, Te Pāti Māori, sind nun tatsächlich vorläufig von den Sitzungen suspendiert.1Kelly Ng: Three Maori MPs suspended over ‚intimidating‘ haka, BBC, 06.06.2025, https://www.bbc.com/news/articles/c5yg9k8x8pwo Bereits im November 2024 hatte Hana-Rāwhiti Maipi-Clarke – die Mandatsträgerin aus der indigenen Bevölkerung ist mit ihren 22 Jahren Neuseelands jüngste Parlamentarierin – unter Gesang einen Gesetzentwurf zerrissen, um den Māori-Protest gegen eine vorgeschlagene Neuinterpretation des Vertrags von Waitangi (in Māori: Te Tiriti o Waitangi) auszudrücken. Die Übereinkunft war 1840 mit der britischen Krone getroffen worden, aber erst seit der Einrichtung des Waitangi Tribunal im Jahr 1975 können die Māori ihre Ansprüche aus dem historischen Vertrag auf Land, Fischereigründe etc. einklagen oder Entschädigung fordern (auch wenn das Gericht lediglich Empfehlungen aussprechen kann). Weil das geplante Gesetz die Rechte der Māori-Bevölkerung gefährdete, hatten bei seiner ersten Lesung Zehntausende vor dem Parlament demonstriert.2Urs Wälterlin: Maori demonstrieren gegen Verlust von harterkämpften Rechten, Der Standard, 19.11.2024, https://www.derstandard.at/story/3000000245596/maori-demonstrieren-gegen-verlust-von-hart-erkaempften-rechten/.
Ein Haka, wie er von der Abgeordneten der Te Pāti Māori bei dieser ersten Abstimmung im Parlament aufgeführt wurde und dem sich die beiden Parteivorsitzenden, Debbie Ngarewa-Packer und Rawiri Waititi, und einige Zuschauer*innen anschlossen, ist ein traditioneller Tanz – in unterschiedlichen Ausprägungen und eigentlich eine kulturelle Institution in Neuseeland, ob bei Sportereignissen, Abschlussfeiern oder Beerdigungen.3Charlotte Graham-Mcclay: How uproar over a Māori haka, beloved in New Zealand life, sowed chaos and gridlock in Parliament, Associated Press, 20.05.2025, https://apnews.com/article/haka-maori-pati-zealand-parliament-suspended-treaty-c854a3703621dd1eca78d2ac02561e5c. Aber eine Mehrheit der Parlamentarier*innen hat jetzt entschieden, gerade dieser Haka sei „einschüchternd“ gewesen. Hier ein Video der eindeutigen Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf:

Māori leiden bis heute unter erheblichen sozialen und wirtschaftlichen Ungleichheiten. Im Jahr 2020 kam ein Bericht über Kindesmissbrauch in Neuseelands kirchlichen und staatlichen Heimen zwischen 1950 und 2019 zu dem Schluss, dass 81 Prozent der missbrauchten Kinder Māori waren, die 69 Prozent der Kinder in den Heimen ausmachten (während sich gegenwärtig etwa 20 % der Bevölkerung als Māori verstehen). Von Māori-Seite wurde auf die sozialen Ursachen hingewiesen, da das Problem vor allem ärmere Gemeinden betreffe.4Urs Wälterlin: Kindesmissbrauch in Neuseeland. Maori-Kinder als größte Opfergruppe, die tageszeitung, 16.12.2020, https://taz.de/Kindesmissbrauch-in-Neuseeland/!5739547/.
Hana-Rāwhiti Maipi-Clarke war bereits an dem Tag ihres Haka-Protests mit einer Suspendierung von 24 Stunden bestraft worden. Nun beschloss das Parlament nach monatelangen Ausschuss-Debatten, sie noch einmal für sieben Tage zu suspendieren und die beiden Parteivorsitzenden der Te Pāti Māori sogar jeweils für 21 Tage. Das ist die härtete Strafe, die in Neuseelands Abgeordnetenhaus jemals verhängt wurde: Der bisher längste Ausschluss betrug drei Tage. Das legt natürlich den Verdacht nahe, dass die Māori-Zugehörigkeit bei der Strafe eine Rolle gespielt hat. „Das Parlament hat eine Botschaft an unsere mokopuna [zukünftigen Generationen] gesendet: Ihre Māori-Identität ist eine Bedrohung für Neuseelands Demokratie“, äußerte sich entsprechend auch die Partei der suspendierten Abgeordneten.
Übrigens ist der Gesetzentwurf zur Neuauslegung des Vertrags, der von der rechtsliberalen Partei ACT (ursprünglich: Association of Consumers and Taxpayers) – Mitglied der konservativen Regierungskoalition – eingebracht worden war, im neuseeländischen Parlament zwischendurch dann doch mit überwältigender Mehrheit abgelehnt worden.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert