EU, heute

Geflüchtete und die EU-Grenzen

Heute haben mit den ersten 202 geflüchteten Menschen die Rückschiebungen von den griechischen Inseln in die Türkei begonnen, die zwischen der Europäischen Union und der Türkei vereinbart worden sind (zunächst einmal drei und letztlich bis zu sechs Milliarden Euro hat die EU der Türkei dafür zugesagt). Dass die Türkei wiederum aus Syrien Geflüchtete massenhaft dorthin zurücktransportiert, hatte erst vor einigen Tagen Amnesty International festgestellt (unter den seit Januar willkürlich aufgegriffenen und nach Syrien abgeschobenen Menschen befand sich unter anderem eine im achten Monat Schwangere). Schon davor war berichtet worden, dass afghanische Asylsuchende aus der Türkei ohne jede Prüfung der Fluchtgründe zurückgeschoben worden waren.

Der italienische Philosoph Giorgio Agamben schrieb über Hannah Arendts Betrachtungen zu Flüchtlingen als ‚Krise’ (allerdings als ‚radikale Krise der Menschenrechte’): „Das Paradox, von dem sie [Hannah Arendt] hier ausgeht, besteht darin, daß die Figur – der Flüchtling –, die den Menschen der Menschenrechte schlechthin hätte verkörpern sollen, stattdessen die radikale Krise dieser Konzeption bezeichnet. ‚Der Begriff der Menschenrechte, der auf einer angenommenen Existenz des Menschen als solchem basiert, brach in dem Augenblick zusammen, als diejenigen, die sich zum Glauben daran bekannten, zum ersten Mal mit Leuten konfrontiert waren, die wirklich alle ihre anderen Eigenschaften und spezifischen Beziehungen verloren hatten – außer daß sie immer noch Menschen waren.‘ Im System des Nationalstaates erweisen sich die sogenannten heiligen und unveräußerlichen Menschenrechte, sobald sie nicht als Rechte eines Staatsbürgers zu handhaben sind, als bar allen Schutzes und aller Realität.“ „EU, heute“ weiterlesen

4. April: Erinnern an die Opfer des „NSU“

Am 4. April 2006 wurde Mehmet Kubaşik, Kioskbesitzer in der Dortmunder Nordstadt, von den Neonazi-Killern „Nationalsozialistischer Untergrund“ in seinem Geschäft erschossen. Dieser Mord jährt sich in diesem Jahr zum zehnten Mal und am 4. April beginnt an der Mallinckrodtstraße 190 um 17.30 Uhr eine Demonstration mit folgender Kundgebung zum Gedenken an die Opfer des NSU-Terrors.

Seit über einem Jahr gibt es im Landtag Nordrhein-Westfalens einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum „Nationalsozialistischen Untergrund“. Am 13. Januar dieses Jahres begann der NRW-Untersuchungsausschuss, sich mit dem Mord in Dortmund zu beschäftigen. Elif und Gamze Kubaşik, die Ehefrau und die Tochter von Mehmet Kubaşik, schilderten an dem Tag den Ausschussmitgliedern die Verdächtigungen und pauschalisierenden Zuschreibungen, die den Getöteten und sie selbst über Jahre zu Täter_innen machten und stigmatisierten. Man habe ihnen jahrelang das Leben genommen, sagte Gamze Kubaşik, – das sei Polizei gewesen (Berichte über die Ausschusssitzung finden sich hier oder hier oder hier). „4. April: Erinnern an die Opfer des „NSU““ weiterlesen

China: erstes Gewaltschutzgesetz

Das erste Gesetz zum Schutz vor Gewalt in Paarbeziehungen in China ist heute in Kraft getreten. Einem Bericht der Neuen Zürcher Zeitung vom Herbst letzten Jahres zufolge ist das neue Gesetz im Wesentlichen dem Druck chinesischer Nichtregierungsorganisationen und einer UN-Veranstaltung zu verdanken. Nach der UN-Weltfrauenkonferenz und dem parallelen NGO-Forum 1995 in Peking waren in China Nichtregierungsorganisationen entstanden, die sich um Gewaltopfer kümmern und nach und nach den Druck auf die Politik erhöhten, so dass die Zentralregierung nun reagieren musste. Auch wollte Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping 20 Jahre nach der UN-Konferenz bei einer Veranstaltung der UN-Organisation für Gleichstellung (UN Women) im September 2015 wohl nicht mit leeren Händen dastehen und hatte wohl deshalb den Gesetzentwurf im Gepäck.1Matthias Müller: Häusliche Gewalt in China. Die Chinesinnen begehren auf. Neue Zürcher Zeitung, 02.10.2015; http://www.nzz.ch/international/asien-und-pazifik/chinas-frauen-begehren-auf-1.18622901. „China: erstes Gewaltschutzgesetz“ weiterlesen