Ende April, einen Tag vor Ablauf der Frist, hat das Oberlandesgericht München endlich die schriftliche Urteilsbegründung zum NSU-Prozess herausgegeben. Das Gericht hat also die verfügbare Zeit von beinahe zwei Jahren, die es für die Fertigstellung des Urteils hatte, voll ausgeschöpft. Aber trotz der 3025 Seiten, die das Urteil nun umfasst, sind eine wirkliche Aufklärung und Antworten auf die Fragen der Angehörigen der Ermordeten – etwa zu der Rolle des Verfassungsschutzes, den Gründen für die Auswahl der Opfer oder weitergehenden NSU-Vernetzungen, unter anderem in Dortmund – in dem Verfahren ausgeblieben.
Elif Kubaşık, Witwe des am 4. April 2006 in Dortmund in seinem Kiosk an der Mallinckrothstraße vom NSU ermordeten Mehmet Kubaşık, hat zu der schriftlichen Begründung des Oberlandesgerichts eine Erklärung mit dem Titel „Das ist kein gerechtes Urteil“ veröffentlicht. Hier ist sie:
Das ist kein gerechtes Urteil
Immer wieder bin ich nach München ins Gericht gekommen, ich habe als Zeugin ausgesagt, obwohl es mir unendlich schwerfiel. Aber ich schuldete dies Mehmet. Für ihn, für uns, für unsere Kinder habe ich gekämpft.
Ich hatte so viele Fragen: Wie konnte eine bewaffnete Gruppe über Jahre hinweg faschistische Morde und Anschläge in Deutschland begehen? Warum wurden sie nicht gestoppt? Was wusste der Staat davon? Bevor Mehmet ermordet wurde, hatten sie schon sieben andere Menschen umgebracht.
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