Geflüchtete FLINTA* angemessen schützen!

Der Flüchtlingsrat Nordrhein-Westfalen hat zum diesjährigen feministischen Kampftag eine Pressemitteilung zur Situation geflüchteter Frauen* herausgegeben:
„Knapp 94.000 Frauen und Mädchen haben in Deutschland 2023 einen Asylerstantrag gestellt. Insbesondere im Krieg und in stark autoritär und patriarchal geprägten Verhältnissen müssen Frauen Zwangsverheiratung, Misshandlungen, Vergewaltigungen, Genitalverstümmelung/-beschneidung und andere Grausamkeiten fürchten.

Die seit 2018 geltende Istanbul-Konvention verpflichtet die unterzeichnenden Staaten u. a. zu geschlechtssensiblen Aufnahme- und Asylverfahren. Sie bekräftigt für gewaltbetroffene Frauen die Gewährung internationalen Flüchtlingsschutzes. Im deutschen Asylverfahren werden jedoch bis heute geflüchtete Frauen mit Gewalterfahrung nicht systematisch identifiziert. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat im Jahr 2023 nur bei 4.800 Frauen und Mädchen eine geschlechtsspezifische Verfolgung festgestellt. Birgit Naujoks, Geschäftsführerin des Flüchtlingsrats NRW, fordert: ‚Der EuGH hat am 16.01.2024 entschieden, dass Frauen eines Herkunftslandes je nach den dort herrschenden Verhältnissen auch als ‚bestimmte soziale Gruppe‘ im Sinne der EU-Anerkennungsrichtlinie gelten können. Dieses Urteil muss nun umgesetzt werden und damit zu einer Änderung dieser Entscheidungspraxis führen!‘

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Demonstration: #Justice4Mouhamed

…und für alle anderen Opfer tödlicher Polizeigewalt.

Jour, heure et lieu – date, time and place – Datum, Uhrzeit und Ort:
19.11.22 | 13.30 h | Dortmund | Katharinentreppe
(en face de la gare central – opposite the main station – gegenüber vom Hauptbahnhof)

Am 08.08.2022 wurde der 16-jährige Mouhamed Lamine Dramé in Dortmund von einem Polizisten erschossen. Mehr über den mörderischen Polizeieinsatz gegen den aus dem Senegal geflüchteten Jugendlichen ist in einem früheren Beitrag zu finden.

dignité et justice
Würde und Gerechtigkeit!
Contre les violences policières et le racisme, manifestons le 19.11.22 !
Take a stand against police violence and racism, on 19/11/22!

(Anmerkung: Weil Französisch neben Wolof eine der Sprachen war, die von Mouhamed Lamine Dramé gesprochen wurden, ist der Text der Figur französisch.)

Für November ist nun eine bundesweite Demonstration geplant.

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Gedenken an Malte C.

Gestern Abend kamen auf dem Friedensplatz in Dortmund ungefähr hundert Personen zu einer Kundgebung gegen queer- und besonders transfeindliche Gewalt und zum Gedenken an Malte C. zusammen. Malte C., ein 25-jähriger trans Mann, war dazwischengetreten, als beim Christopher-Street-Day-Fest in Münster zwei andere Teilnehmende beleidigt worden waren, und deshalb niedergeschlagen und tödlich verletzt worden.

Gedenken an Malte C.

Anfang dieses Monats und nur einen Tag, nachdem er schließlich seinen Verletzungen erlegen war, wurde dann in Bremen eine trans Frau in einer Straßenbahn beschimpft und geschlagen. Als Antwort auf diese und andere Attacken (in Dortmund wurden etwa nach der CSD-Warm-Up-Party Ende August Beteiligte angegriffen und bei der Pride Parade versuchten Neonazis zu stören) fand jetzt die gestrige Kundgebung statt.

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Zeit, über die Nordwache zu reden

„Gesellschaftliche Geschlechterverhältnisse verändern sich. … Hier zeichnet sich jedoch eine Hartnäckigkeit des männlich konnotierten Verhaltensrepertoires in der institutionellen Struktur der Polizei ab. Für den deutschsprachigen Raum konstatiert [der Kriminologe Rafael] Behr, dass die Cop Culture – also die gelebte Polizist*innenkultur in Abgrenzung zur offiziellen Polizeikultur, die sich z. B. in Leitbildern der Polizei zeigt – nach wie vor androzentrisch geprägt ist. Die von ihm beschriebene polizeiliche Maskulinität drückt sich in Überlegenheitsgesten, Dominanz gegenüber einem ‚Gegner‘, Rigidität und der Produktion von ‚Siegern‘ und ‚Verlierern‘ entlang einer klaren Einordnung von Freund und Feind aus. Die Figur der Krieger-Männlichkeit oder auch aggressiven Männlichkeit ist im Rahmen der Cop Culture immer noch hegemonial …“1Eva Brauer: Männliche Räume – polizeiliche Raumproduktion und Geschlecht, CILIP 126, 11.08.2021, https://www.cilip.de/2021/08/11/maennliche-raeume-polizeiliche-raumproduktionen-und-geschlecht/.

„Die Lage war statisch. Der Jugendliche saß da und tat nichts“, beschrieb Oberstaatsanwalt Dombert Zeitungsberichten2Christian Althoff: „Die Lage war statisch“: Beim tödlichen Polizeieinsatz in Dortmund sollen Beamte die mutmaßliche Gefahr erst geschaffen haben, Westfalen-Blatt, 02.09.2022, https://www.presseportal.de/pm/66306/5312107 (Original online nicht abrufbar); Tödliche Polizeischüsse: Schütze suspendiert (dpa/lnw), Süddeutsche Zeitung, 02.09.2022, https://www.sueddeutsche.de/panorama/kriminalitaet-dortmund-toedliche-polizeischuesse-schuetze-suspendiert-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-220902-99-604515. zufolge zuletzt die Situation am Anfang des Polizeieinsatzes in Dortmunds Nordstadt, bei dem der 16-jährige Mouhamed Lamine Dramé getötet wurde. Weil der suizidgefährdete minderjährige Geflüchtete aus dem Senegal auf dem Boden saß und sich ein Messer an den Bauch hielt, hatte am 08. August die Jugendeinrichtung, in der er untergebracht war, die Polizei um Unterstützung gebeten. Die kam mit zwölf Beamt*innen. Im Verlauf des Einsatzes erschoss ein Polizist den Jugendlichen mit mehreren Schüssen aus einer Maschinenpistole.
Offenbar war Mouhamed Dramé nach einem Reizgasangriff der Polizei aufgestanden, eine Situation, die die Polizist*innen „als bedrohlich wahrgenommen haben wollen“3Christian Althoff: „Die Lage war statisch“: Beim tödlichen Polizeieinsatz in Dortmund sollen Beamte die mutmaßliche Gefahr erst geschaffen haben, Westfalen-Blatt, 02.09.2022, https://www.presseportal.de/pm/66306/5312107.. Dann wurden Taser (also Elektroimpulswaffen) eingesetzt und als die nicht wie polizeilich erwünscht wirkten, wurde schnell geschossen. Abgesehen davon, dass der Jugendliche wohl in keiner Sprache angesprochen wurde, die er verstand (d. h. Französisch oder Wolof), steht im Widerspruch zu anfänglichen „Rechtfertigungen“ – er habe mit dem Messer angegriffen – nach nun öffentlich gewordenen Ermittlungsresultaten sogar infrage, „ob und wieweit“ er sich nach dem Taserangriff überhaupt „noch fortbewegte“.4Schriftlicher Bericht des Ministers des Innern „Aktueller Sachstand zum Polizeieinsatz am 08.08.2022 in Dortmund“, 01.09.2022, https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV18-78.pdf.

Dortmund, Missundestraße: Gedenken an Mouhamed Lamine Dramé am Tatort
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The Truth lies in Rostock

Es herrschte zeitweise regelrechte Volksfeststimmung, als vor 30 Jahren, zwischen dem 22. und 25. August 1992, eine aggressiv-rassistische Menge aus Anwohner*innen und Neonazis in Rostock-Lichtenhagen das ‚Sonnenblumenhaus‘ belagerte, in dem sich neben der Zentralen Aufnahmestelle für Geflüchtete (ZAST) ein angrenzendes Wohnheim für vietnamesische Ver­trags­ar­bei­te­r*in­nen befand. Am 24. August 1992 wurde das Haus unter dem Beifall Tausender mit Steinen und Brandsätzen angegriffen und in Brand gesetzt; die Polizei zog sich zwischenzeitlich zurück. Nur der Initiative der in dem brennenden Haus eingeschlossenen etwa 120 Vietnames*innen (bei denen sich auch ein Fernsehteam des ZDF und einige Rostocker*innen befanden), die schließlich einen Fluchtweg über das Dach öffneten, ist es zu verdanken, dass es keine Toten gab.
Das rassistisch aufgeheizte Klima (verbunden mit weiteren Mordanschlägen) wurde von der Politik gefördert und genutzt, um 1993 die De-facto-Abschaffung des Asylrechts durch den Bundestag durchzusetzen.

Der Film „Die Wahrheit lügt (liegt) in Rostock“/„The Truth lies in Rostock“ von 1993 (Produktion: Spectacle London, JAKO videocoop Rostock, Realisation: Mark Saunders, S. Cleary) dokumentiert unter Beteiligung von Menschen, die sich während der Ausschreitungen im Wohnheim befanden, die Ereignisse.

Türkei: Proteste gegen Austritt aus Übereinkommen

Die Türkei ist in der Nacht zu letztem Samstag durch Präsidialdekret aus der Istanbul-Konvention (eigentlich: Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt) ausgetreten. Nun könnte dieses Abkommen herzlich egal sein, wenn die Realität besser wäre, aber laut der Plattform Wir werden Frauenmorde stoppen‘ (Kadın Cinayetlerini Durduracağız Platformu), die sofort zu Protesten aufrief, sind vergangenes Jahr in der Türkei von Männern aus ihrem Umfeld 300 Frauen ermordet worden und weitere 171 Tote unter verdächtigen Umständen aufgefunden worden. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatte Mitte 2020 schon von einem Anstieg der Zahl der Femizide zwischen 2015 und 2019 um etwa 60 Prozent im Land berichtet.
Empört über diesen Schritt demonstrierten daher im Laufe des Wochenendes in Istanbul und anderen türkischen Städten Tausende und zeigten dabei Plakate mit Porträts getöteter Frauen* (einige Videos und Bilder von Demonstrationen und Kundgebungen sind auf dem Twitter-Account der Plattform ‚Kadın Cinayetlerini Durduracağız‘ zu finden). Die Proteste werden in den kommenden Tagen fortgesetzt.

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