Türkei: Proteste gegen Austritt aus Übereinkommen

Die Türkei ist in der Nacht zu letztem Samstag durch Präsidialdekret aus der Istanbul-Konvention (eigentlich: Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt) ausgetreten. Nun könnte dieses Abkommen herzlich egal sein, wenn die Realität besser wäre, aber laut der Plattform Wir werden Frauenmorde stoppen‘ (Kadın Cinayetlerini Durduracağız Platformu), die sofort zu Protesten aufrief, sind vergangenes Jahr in der Türkei von Männern aus ihrem Umfeld 300 Frauen ermordet worden und weitere 171 Tote unter verdächtigen Umständen aufgefunden worden. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatte Mitte 2020 schon von einem Anstieg der Zahl der Femizide zwischen 2015 und 2019 um etwa 60 Prozent im Land berichtet.
Empört über diesen Schritt demonstrierten daher im Laufe des Wochenendes in Istanbul und anderen türkischen Städten Tausende und zeigten dabei Plakate mit Porträts getöteter Frauen* (einige Videos und Bilder von Demonstrationen und Kundgebungen sind auf dem Twitter-Account der Plattform ‚Kadın Cinayetlerini Durduracağız‘ zu finden). Die Proteste werden in den kommenden Tagen fortgesetzt.

„Türkei: Proteste gegen Austritt aus Übereinkommen“ weiterlesen

Argentinien: Zehntausende gegen Gewalt gegen Frauen*

Am 25. November, dem Internationalen Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen*, demonstrierten allein in Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires Zehntausende gegen Gewalt. Teilnehmer_innen des Protests riefen zu einem weltweiten Frauenstreik anlässlich des Internationalen Frauen*tags am 8. März 2017 auf. Bereits am 19. Oktober dieses Jahres streikten in Buenos Aires und in vielen anderen Städten Argentiniens und Lateinamerikas Frauen* für eine Stunde, um gegen Gewalt gegen Frauen* zu protestieren.

Demonstration gegen Gewalt gegen Frauen* am 19. Oktober in Buenos Aires
„Argentinien: Zehntausende gegen Gewalt gegen Frauen*“ weiterlesen

Stigma tötet

Nach den Morden an zwei Sexarbeiter_innen, Dora Özer in der Türkei und Petite Jasmine in Schweden, sind letzten Freitag mit Aktionen in über 30 Städten weltweit viele dem Aufruf des ICRSE (Internationales Komitee für die Rechte von Sexarbeiter_innen in Europa) gefolgt, ein Ende von Stigmatisierung, Kriminalisierung und Gewalt zu fordern.

Die Pressemitteilung des ICRSE zu den Morden und den Protesten befindet sich hier  

Zwei Interviews zu den Morden gibt es auf Tits and Sass: The Bloody State Gave Him The Power: A Swedish Sex Worker’s Murder zu Petite Jasmine in Schweden hier   und Both Transphobic and Whorephobic: The Murder of Dora Oezer zu Dora Özer in der Türkei hier  

Eine Zusammenfassung der Proteste auf freitag.de ist hier   „Stigma tötet“ weiterlesen

„dann ist es natürlich richtig, dass die Sicherheit dann auch wieder eingeschränkt ist“

Am 17. August, drei Monate nach der Schließung des Straßenstrichs im Mai letzten Jahres, wurde in Dortmund eine aus der bulgarischen Stadt Plovdiv zugewanderte Frau von einem Freier durch Messerstiche schwer verletzt und aus dem Fenster einer Wohnung geworfen. Der Prozess gegen den Freier wegen versuchten Totschlags und schwerer Körperverletzung hat nun am 10. Februar begonnen.

„Da muss sie als Zeugin aussagen, deshalb darf sie noch bis Mitte des Jahres in Dortmund bleiben“, schildert die WDR-Dokumentation Der Weg der Wanderhuren Mitte Januar die Situation der bulgarischen Migrantin, die zunächst auf dem Straßenstrich, dann illegalisiert in der Nordstadt Dortmunds arbeitete und nun dauerhaft auf medizinische Versorgung angewiesen ist. Nach Abschluss des Verfahrens droht der 25-Jährigen, die lebenslange Schäden davongetragen hat, die Abschiebung nach Bulgarien. Ihre Mutter, die ebenfalls in Dortmund lebt, ist zu diesem Zeitpunkt bereits unter Androhung der Abschiebung aufgefordert worden, auszureisen – und damit die Tochter allein zu lassen. „Der Grund: kein Einkommen, keine Wohnung, keine Krankenversicherung.“

Zwar können seit den Beitritten Bulgariens und Rumäniens zur Europäischen Union 2007 Staatsangehörige dieser Länder auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen in andere EU-Staaten migrieren, die EU-Freizügigkeit kann ihnen jedoch entzogen werden, wenn keine ausreichenden Existenzmittel oder kein ausreichender Krankenversicherungsschutz nachgewiesen werden. Seit der Schließung des Straßenstrichs und der Ausweitung des Sperrbezirks auf das gesamte Stadtgebiet setzt der ordnungspolizeiliche Repressionskatalog der Stadt Dortmund unter anderem darauf, dass die EU-Freizügigkeit letztlich nur selektiv gilt, um die Vertreibung der osteuropäischen Sexarbeiter_innen doch noch durchsetzen. „„dann ist es natürlich richtig, dass die Sicherheit dann auch wieder eingeschränkt ist““ weiterlesen